Aktualisiert am 21. Dezember 2025.

In einer Welt der Massenproduktion und Fast Fashion erleben traditionelle Handwerksbetriebe eine Renaissance. Die Markus Bauer Schuhmanufaktur mit Stammsitz in Graz ist ein schönes Beispiel dafür, wie altes Handwerk auf moderne Geschäftsführung trifft und dabei Produkte von zeitloser Qualität entstehen.

Eine Familientradition lebt weiter

Die Geschichte beginnt mit Herrn Alois Prutsch, dem Seniorchef, der aus einer traditionsreichen Schuhproduktions-Familie stammt. Nach jahrzehntelanger Erfahrung in seinem Familienunternehmen St. Stefan Schuhe (in St. Stefan in Rosental) und später beim bekannten österreichischen Schuhproduzenten Humanic, wagte er kurz vor der Pensionierung noch einmal den Schritt in die Selbstständigkeit. Seine Vision: Rahmengenähte Schuhe in höchster Qualität zu fertigen, die ein Leben lang halten.

2016 übernahm das Ehepaar Markus und Irena Bauer das Geschäft. Markus Bauer war schon lange Kunde von Herrn Prutsch gewesen, und die beiden wagten aus Begeisterung für das tolle Produkt den Sprung ins kalte Wasser. Er als Betriebswirt ist vorwiegend fürs Geschäft und die Finanzen zuständig, sie als Architektin für das Design neuer Modelle, das Sortiment, den Wareneinkauf und die Produktion – wobei sie sich gut miteinander absprechen und abstimmen. Um das Handwerk von Grund auf zu verstehen und selbst Schuhe entwerfen zu können, hat Irena Bauer eine Lehre für „Oberteilherrichter“ absolviert, das ist ein Teilbereich der Schusterlehre, der sich mit dem Entwurf des Schaftes (= der obere Teil des Schuhs, der den Fuß umfängt) beschäftigt.

Das Sortiment der Bauers ist klassisch aufgestellt. Sie haben keine Kollektionen wie alle anderen, sondern einfach ein großes und breites Sortiment an zeitlosen Schuhen und an Modellen. Hin und wieder wird ein neues Modell ergänzt, an dem aber dann lang gearbeitet wird. Der Prozess beginnt mit dem Leisten. Die vorhandenen Leisten funktionieren meist sehr gut, sie haben eine sehr gute Passform. Wenn keiner der vorhandenen Leisten passt, lassen sie bei einem Partner in Italien einen neuen Leisten anfertigen.

Mit Hans Leopold, 88 Jahre alt und ehemaliger Chefmodelleur der Humanic, hat die Manufaktur Zugang zu einem weiteren Wissensschatz . Vier Jahrzehnte Erfahrung in der Schuhproduktion unterstützen das Team bei jedem neuen Modell. Diese Weitergabe von Wissen von Generation zu Generation ist ein wesentlicher Bestandteil der Firmenphilosophie.

Transparenz als Qualitätsmerkmal

Kund:innen schätzen heute zunehmend Transparenz – sie wollen wissen, wo und wie ihre Produkte entstehen.

Familie Bauer bezieht das Leder zu 90 Prozent aus Italien, von kleinen Familienbetrieben und Gerbereien, bei denen sie auch geringe Mengen abnehmen können. Die Schuhe werden in einer Firma in Ungarn gefertigt, zu denen eine langjährige Geschäftspartnerschaft besteht. Zu allen Partnerbetrieben halten sie regelmäßigen Kontakt. Mindestens einmal im Jahr besucht das Team diese Partner persönlich, pflegt die Beziehungen und erkundigt sich auch nach neuen Materialien. Der Seniorchef fährt zu Weihnachten gerne noch nach Italien, um alte Lieferanten zu besuchen – mit einer Flasche Wein und einer Flasche Kernöl im Gepäck.

Die Kunst des rahmengenähten Schuhs

Rahmengenähte Schuhe sind die Königsklasse der Schuhfertigung. Bei dieser aufwendigen Technik wird der Schaft zunächst mit einem „Rahmen“ (einem rundum laufenden Lederband) vernäht, der dann wiederum durch eine zweite Naht („Doppelnaht“) mit der Laufsohle verbunden wird. Die Brandsohle bildet die Basis, auf der man steht. Zwischen Brandsolhe und Laufsohle entsteht durch die Nähtränder ein Hohlraum, der mit Filz oder oft auch Kork ausgefüllt wird. Die abschließende Doppelnaht, mit der die Leder-Laufsohle angenäht wird, sieht man von außen. Sie verleiht dem Schuh nicht nur sein charakteristisches Aussehen, sondern garantiert auch extreme Langlebigkeit. Laufsohlen aus Gummi, die besser vor Nässe von unten schützen, werden aufgeklebt.

Ein Beweis für diese Qualität? Ein Kunde kam kürzlich mit einem zwölf Jahre alten Paar ins Geschäft: praktisch wie neu, mit würdevoll gealterten Lederfalten, aber ohne nennenswerte Abnutzung. Solche Schuhe sind eine Investition fürs Leben.

Individuelle Anpassung statt Massenware

Die Manufaktur bietet verschiedene Stufen der Individualisierung. Im ersten Schritt kann man aus dem bestehenden Sortiment fertiger Schuhe wählen.

Dann gibt es die Möglichkeit der Maßkonfektion, bei der kleinere Korrekturen in Länge, Weite, Ballentiefe oder Spannhöhe vorgenommen werden können. Die Änderungen werden auf einen bestehenden Leisten übertragen, und der Schuh speziell für diesen Kunden gefertigt. Auch andere Sonderwünsche können in der Maßkonfektion erfüllt werden, also wenn jemand gerne eine andere Sohle drauf hätte, oder eine andere Lederfarbe.

Und erst danach käme der speziell angefertigte Maßleisten.

Die Produktionsfirma in Ungarn ist so flexibel, dass sie diese Sonderfertigungen ohne Probleme umsetzen kann.

Die Preise beginnen bei 365,- Euro für fertige Modelle und gehen bis 465,- Euro, abhängig von Material und Aufwand. Wenn man diese Anschaffungskosten auf zwölf Jahre Tragedauer umrechnet, relativiert sich der Preis schnell.

Die Kundschaft

Wer leistet sich solche Schuhe? Nachdem die Firma mehr Leisten für Herren als für Damen im Programm hat, besteht die Kundschaft aus mehr Männern als Frauen. Da gibt es den älteren Herren, der eigentlich genug Schuhe hat, aber dieses eine, spezielle Modell haben möchte. Dann kommen aber auch teilweise Eltern mit einem Sohn, der zu einem speziellen Anlass so einen Schuh bekommt. Aber auch Studierende, die wirklich auf so einen Schuh sparen – weil sie verstanden haben, dass sich gute Qualität langfristig lohnt.

Gemeinsam ist diesen Menschen ein Bewusstsein für hochwertige Materialien und für gutes Handwerk.

Fazit

Die Markus Bauer Schuhmanufaktur zeigt, dass Handwerk Zukunft hat, wenn es mit Transparenz, Qualität und Leidenschaft betrieben wird. In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit nicht nur ein Modewort, sondern eine Notwendigkeit ist, bieten solche Betriebe eine echte Alternative zur Wegwerfkultur. Jeder Schuh erzählt eine Geschichte – von italienischen Gerbereien, ungarischen Manufakturen, österreichischem Familiensinn und vor allem von Menschen, die an das Handwerk glauben.

Link

Webseite der Markus Bauer Schuhmanufaktur mit Filialen in Graz, Salzburg und Innsbruck.

Schlagworte: Rahmengenähte Schuhe, Handwerkliche Schuhfertigung, Nachhaltige Schuhe, Maßschuhe, Handwerk, Qualitätsschuhe, Made in Europe, Familienunternehmen, Slow Fashion Schuhe