Jahresprojekt 2024: 1 m² Flachs

Aktualisiert am 10. Mai 2024.

Im April 2024 habe ich Faserlein gesät, aus dem im Herbst 2024 ein Stück Stoff werden soll.

In meinem Bekanntenkreis achten die meisten Menschen auf gesunde Ernährung, gehen gerne regional und saisonal auf Bauernmärkten einkaufen, kochen viel selbst, essen viel Gemüse und wenig oder kein Fleisch. Die hohe Qualität unserer Lebensmittel ist uns einen guten Preis wert. Häufig kennen wir die Leute sogar persönlich, die unsere Nahrungsmittel produzieren: Den Biobauern für Milch und Eier, die Marktstandler für regionales Gemüse, Fleisch und Fisch.

Bei unserer Kleidung ist das Verhältnis schwieriger: Die meisten T-Shirts sind zwei Mal um die Welt gereist, bis wir sie anziehen-Sie wurden unter unbekannten Bedingungen irgendwo auf der Welt unter prekären Bedingungen hergestellt, dabei Menschen ausgebeutet und die dortige Umwelt verschmutzt. Die meisten bei uns lebenden Menschen haben den Bezug zur Herstellung von Kleidung verloren. Viele können nicht einmal einen Knopf annähen und nur ganz wenige nähen, häkeln oder stricken sich Kleidungsstücke selbst.

Wie wäre es, wenn wir nicht nur die Zutaten für unser Essen bio und regional beziehen könnten, sondern auch die Zutaten für unsere Kleidung?

Projekt 1m2 Flachs

In Schweden, Norwegen, Finnland und auch in Dänemark und Holland gibt es seit einigen Jahren das Projekt „1 m2 Flachs“. Dabei geht es weniger darum, große Mengen Faserlein anzubauen, die für die industrielle Verarbietung geeignet wären. Sondern es ist eher als Bildungsprojekt angelegt, bei dem man einmal selbst die Herstellung und Verarbeitung von Flachs/Leinen ausprobieren kann. Ein Quadratmeter Erde reicht dafür. Natürlich kommen dabei keine Riesenmengen heraus: Nach dem Ernten, „Rösten“, Brecheln, Hecheln, Spinnen, Färben und Weben der Fasern ergibt 1 m2 vielleicht die Größe eines Taschentuchs? Ich werde es ausprobieren und herausfinden.

Aber das ist ein Projekt, das uns die Zusammenhänge von Landwirtschaft und Textilien veranschaulichen und wieder näher bringen kann: Wenn wir zuerst dem Flachs beim Wachsen zusehen, ihn dann ernten, reifen lassen, brecheln, hecheln, vielleicht färben, dann zu Garn verspinnen und im Herbst zu einer textilen Fläche verweben.

Meine beiden Flächen

Die „Gartenzwerge Geidorf“ in Graz hat mir einen Flecken Erde überlassen, der hübscherweise mit einem kleinen Weidenzaun umkränzt ist. Dieser kleine Gemeinschaftsgarten liegt am Murradweg, keine fünf Gehminuten entfernt von unserer Wohnung, wo ich fast täglich beim Joggen oder beim abendlichen Spaziergang mit meinem Mann vorbeikomme.

Am 9. April habe ich dort den ersten Quadratmeter ausgesät: Ziemlich genau „100 Tage nach Neujahr“. Es waren Samen aus Holland der Sorte „Lisette“.

Aussaat am 09. April 2024
Fortschritt nach 10 Tagen, am 19. April 2024
Fortschritt nach 20 Tagen, am 30. April 2024
Fortschritt nach 30 Tagen, am 10. Mail 2024

Das zweite Beet mit 3 m2 befindet sich im Pinzgau, im Garten meiner Mutter. Auch hier haben wir „Lisette“ ausgesät, und zwar am 21. April. Diese Samen habe ich von „Zieh Lein“ aus der Schweiz bestellt.

Nach der Aussaat, am 21. April 2024
Nach 10 Tagen, am 30. April 2024
Nach 20 Tagen, am 10. Mai 2024

Mehr erfahren

Die zentrale Projektseite und Übersicht habe ich hier im Textilportal-Magazin eingerichtet, wo ich die Fortschritte im Wachstum dokumentiere und auf Veranstaltungen hinweise, wie z.B. das geplante gemeinsame Brecheln und Spinnen mit Freund:innen im Herbst.

Auf meinem Handarbeitsblog „made with Blümchen“ werde ich unter dem Schlagwort #1m2flachs detaillierter über die handwerklichen Erfahrungen berichten.

Falls du gerne Podcasts hörst: In der Folge #006 habe ich mich mit Constanze Derham von „Texte und Textilien“ über die Anwendungsbereiche von Leinenstoffen unterhalten, über die Herstellungsschritte von der Pflanze bis zum fertigen Gewebe, über die Ökobilanz des Leinens und über Initiativen, die regionale Leinenproduktion in Europa fördern.

Wenn du den Flachs-Anbau im Hausgarten auch einmal ausprobieren möchtest: Das Team von Fibershed DACH (steht für Deutschland-Österreich-Schweiz) hat vor Kurzem eine neue Seite veröffentlicht, auf der sie Quellen für Saatgut für Flachs/Lein, für Faserhanf und für Färbepflanzen in Deutschland/Österreich/Schweiz auflisten.

2 Kommentare zu „Jahresprojekt 2024: 1 m² Flachs“

  1. Avatar-Foto
    Kraxner Barbara

    Ich habe aus einem alten Haus 3 Säcke alten gehechelten Flachs „gerettet“ und bin dabei ihn zu verspinnen – geht überraschend gut. Eine Handarbeitslehrerin hat mir verraten, daß zum Flachs keine Motten reingehen – nicht wie bei der Schafwolle – also ungemein sicher!

    1. Avatar-Foto
      Gabriele Brandhuber

      Ja, die Motten gehen nur auf tierische Produkte, wie Schafwolle oder auch Federn. (Ein von einer Tante geschenkter Staubwedel aus langen Federn, der am Dachboden meiner Eltern gelagert war, sah nach längerer Lagerung gar nicht gut aus…) 3 Säcke?! Da hast du für sicherlich lange Zeit Spinnfutter. Auch Berta’s Flachs versendet ja sehr alte Flachszöpfe in die ganze Welt. Ich finde das eine ganz tolle Sache, so sehr alten Dingen ein neues Leben zu geben.

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