Aktualisiert am 11. Dezember 2025.
Ein Gespräch über das kontroverse Thema „Leder“: Lederproduktion im Süden und im Norden, ein Vergleich zu synthetischen Materialien, ethische Fragen, Kreislaufwirtschaft, und die Produktion von regionalem Leder in der Schweiz.
- Regionales Leder aus der Schweiz: https://www.regionales-leder.com/
- Hochwertige Lederwaren: https://www.marai.ch/
- 00:00:00 Wieso beschäftigt sich Nina Conrad mit Leder?
- 00:04:14 Häute sind ein Nebenprodukt – kein Tier stirbt wegen der Haut
- 00:05:16 Problematik Pelze
- 00:07:09 Nose to tail
- 00:07:51 Vegetarisch / vegan leben
- 00:10:08 Tiere sind wichtig für unsere Landwirtschaft und Landschaften
- 00:13:07 Gegen die Massentierhaltung
- 00:16:58 Die Häute verwenden statt entsorgen
- 00:17:33 Lederindustrie und ihre Problematiken
- 00:21:13 Parallele zur Schafwolle
- 00:21:39 Transparenz von Produktion und Lieferketten im Süden und im Norden
- 00:26:17 Nina lässt Leder von schweizer Tieren gerben
- 00:31:42 Schlachthöfe und Tierhaltung
- 00:33:29 Wer kauft dieses Leder?
- 00:35:07 Projekt mit Wildling
- 00:36:40 Leder hat tolle Eigenschaften
- 00:37:02 Die Vorteile von pflanzengegerbtem Leder
- 00:40:01 Langlebigkeit und Pflege von Lederschuhen
- 00:41:36 Vegan ist nicht gleich plastikfrei: Kunstleder und Alternativen
- 00:48:17 Materialien im Kreislauf: Cradle to Cradle
- 00:51:05 Leder wird wieder salonfähig, Wertewandel
- 00:54:17 Kontakt, Angebote und Dienstleistungen
- 00:57:41 Outro
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Leder: Ein kontroverses Material zwischen Tradition und Nachhaltigkeit
Nina Conrad beschäftigt sich seit zehn Jahren intensiv mit Leder. In der Schweiz baut sie regionale Lieferketten auf und produziert mit ihrer Brand Marai hochwertige Lederprodukte. Ihr Weg begann jedoch nicht mit Leder, sondern mit Wolle – ein Zufall führte sie 2015 zu diesem Material, als eine Freundin sie fragte, ob es möglich wäre, Lederwaren aus Schweizer Rohware herzustellen.
Was als Experiment mit 100 pflanzlich gegerbten Rinderfellen begann, wurde zu ihrer Leidenschaft.

Leder als Nebenprodukt: Ein respektvoller Umgang mit Ressourcen
Ein zentraler Punkt im Gespräch: Bei uns stirbt kein Tier wegen der Haut. Leder ist ein Nebenprodukt der Fleisch- und Milchindustrie. Etwa zwei Drittel des weltweit produzierten Leders stammt von Rindern, die für die Fleischgewinnung geschlachtet werden. Die Hälfte jedes Tieres können wir nicht essen – dazu gehört auch die Haut. Gabi sieht darin eine Parallele zur „Nose to Tail“-Bewegung in der Gastronomie: Wenn Tiere schon für den Fleischkonsum sterben, sollte man sie vollständig verwerten.
Besonders problematisch findet Nina die Entsorgung von Millionen Fellen. Während Pelzzucht zu Recht verboten gehört, werden gleichzeitig unzählige Felle von Wildtieren aus der Jagd – Füchse, Marder, Hirsche – einfach verbrannt oder anderweitig entsorgt, weil Konsumenten nicht unterscheiden können, woher ein Pelz stammt. Diese Ressourcenverschwendung steht im Widerspruch zu allen Nachhaltigkeitsbemühungen.
Gerbverfahren: Pflanzlich versus Chrom
Die Art der Gerbung macht den entscheidenden Unterschied. Weltweit werden etwa 85 Prozent des Leders mit Chrom gegerbt – ein schnelles, günstiges Verfahren, das nur 24 Stunden dauert. Doch dieses Verfahren ist besonders problematisch, wenn es ungefiltert in Gewässer gelangt, wie es in Ländern des Südens wie Bangladesh häufig geschieht.
Die pflanzliche oder vegetabile Gerbung dauert zwischen zwei Wochen und zwei Monaten und ist teurer, aber auch nachhaltiger. Dabei werden Gerbstoffe aus Eichenrinden, Fichten oder Kastanien verwendet. Nina arbeitet ausschließlich mit pflanzlich gegerbtem Leder das mit der Zeit einen besonderen Charakter entwickelt, indem es „Patina“ annimmt.

Transparenz und regionale Wertschöpfung
Für Konsument:innen ist es schwierig zu erkennen, wie Leder gegerbt wurde. Viele Hersteller kennen ihre eigenen Lieferketten nicht. Nina setzt auf vollständige Transparenz: Sie arbeitet nur mit europäischen Gerbereien in Italien und Deutschland, die sie persönlich kennt und besucht hat. Die Felle stammen hauptsächlich aus Bio-Haltung in der Schweiz.
Diese regionale Produktion hat mehrere Vorteile: kürzere Transportwege, höhere Umwelt- und Sozialstandards, Stärkung der lokalen Wirtschaft und Erhalt von Handwerkswissen. Denn viele europäische Gerbereien müssen schließen, weil sie gegen billige Importe aus Asien nicht konkurrieren können. Das ist nicht nur ein wirtschaftliches Problem, sondern bedeutet auch den Verlust von jahrhundertealtem Handwerkswissen.
Leder versus Alternativen
Der Vergleich mit sogenanntem „veganen Leder“ zeigt: Kunstleder aus Erdöl (PU oder PVC) ist weder nachhaltig noch langlebig. Taschen aus Kunstleder fallen oft nach ein bis zwei Jahren auseinander, während echtes, gut gemachtes Leder Jahrzehnte hält. Auch die neuen biobasierten Alternativen aus Pilzen, Ananas oder Kaktus sind noch nicht ausgereift und enthalten fast immer einen Kunststoffanteil für Stabilität. Die so genannten „Next Generation“ Materialien, die in Laboren entwickelt werden, sollten am besten herkömmliche „Kunstleder“ ersetzen. Nina hat noch kein Ersatzprodukt gesehen, das an die positiven Eigenschaften von echtem Leder herankommt.
Die beste Nachhaltigkeit liegt in der Langlebigkeit: Eine hochwertige Ledertasche, die 30 Jahre hält und repariert werden kann, ist letztlich nachhaltiger als mehrere kurzlebige Kunstlederprodukte.

Fazit: Differenzierung statt Schwarz-Weiß-Denken
Leder ist kein per se gutes oder schlechtes Material. Entscheidend sind die Haltungsbedingungen der Tiere, die Gerbmethode, die Arbeitsbedingungen und die Transparenz der Lieferkette. Unter hohen ökologischen und sozialen Standards hergestellt, hat pflanzlich gegerbtes Leder aus regionaler Produktion klare Vorteile gegenüber erdölbasierten Alternativen.
Die Botschaft: bewusster Konsum, Wertschätzung für langlebige Produkte und die Bereitschaft, in Qualität zu investieren, die Generationen überdauert.
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