Im oberösterreichischen Mühlviertel sind die Langzwettler Alpakas zu Hause. Wie es zu meiner dreifärbigen Haube (Mütze) kam? Diese Geschichte zieht sich über beinahe sechs Jahre.
Im Herbst 2016 habe ich beim ersten Wiener Woll- und Stofffest nach einer längeren, spannenden Unterhaltung drei Knäuel handgesponnene Alpaka-Wolle von Michaela und Harald Kneidinger gekauft.
Diese Wolle ist nicht gefärbt, sondern naturfarben: Hellbeige stammt von der Stute Susi, hellbraun vom Hengst Avalon und schwarz vom Hengst Fernando. Weil sie am Hof handgesponnen wird, kann man die Wolle tatsächlich einem konkreten Tier zuordnen. Und charmanterweise war der Name des jeweiligen Tieres auf der Banderole des jeweiligen Knäuels vermerkt. Das hat mich schon damals begeistert!
Dann hat es allerdings fast vier Jahre gedauert, bis ich im Januar 2020 eine Mütze aus dieser Wolle gestrickt habe. (Das Strickmuster kannst du auf meinem Handarbeitsblog nachlesen.)
Aber die ganze Zeit über hatte ich diese fixe Idee: Ich muss unbedingt einmal die Langzwettler Alpakas besuchen, um ein Foto zu machen: Ich mit Mütze mit den drei Tieren, von denen sie stammt.
Es hat noch einmal etwas mehr als zwei Jahre gedauert, bis ich im Mai 2022 – am Tag nach dem Färbermarkt in Gutau – die Kneidigers auf ihrem Hof besucht habe. Die Hengste Fernando und Avalon wurden in der Zwischenzeit verkauft. Aber Susi gibt es noch, sie lebt seit 14 Jahren hier, sie war eine der ersten Stuten am Hof. Und so kam das Foto mit Susi (Titelbild) zustande: Genau so ein Bild hatte ich mir die ganze Zeit vorgestellt! Hurra!
Die Kneidingers betreiben die Alpakazucht und Verwertung der Wolle im Nebenerwerb: Harald arbeitet Vollzeit bei einer Zeitung als Techniker, Michaela Teilzeit als Stationshilfe in einem Krankenhaus.
Als Harald den Hof von seinen Eltern übernahm, hat er die Milchkühe abgeschaft und nach einem “geilen Nischenprodukt” gesucht. 2008 haben sie die ersten Alpakas gekauft. Damals galten sie als “Spinner”, jetzt gibt es eine tolle Alpaka-Community mit gutem Austausch. Und die Kneidingers haben einige Erfolge in der Alpakazucht vorzuweisen. Harald schwärmt: “Es ist toll, wenn das mit der Farbe und den Eigenschaften des Tieres so herauskommt, wie man sich das vorher vorgestellt hat.”
Von Anfang an sind die Kneidingers auch auf Handarbeitsmärkte gefahren, wobei sie die ersten Marktauftritte vorwiegend mit Aufklärungsgesprächen verbracht haben: Warum diese Wolle kostet, was sie kostet. Wie viel Handarbeit da drinnen steckt.
Am Langzwettlerhof leben derzeit 35 Alpakas, pro Schur ergibt das zirka 100 kg Wolle. Als ich frage, wer zum Scheren der Tiere kommt, antworten Harald und Michaela: “Wir scheren selbst!”
Und sie scheren nicht nur selbst: Als ich sie besuchte, war der erste Tag eines zweiwöchigen Urlaubes, in dem sie quer durch Österreich fuhren um Alpakas zu scheren. Das nenne ich Hingabe!
Einen Teil der Wolle kardiert und spinnt Michaela auch selbst und strickt Mützen mit einer Rundstrickmaschine für den Hofladen und für die Märkte. Den Rest, vorwiegend die etwas gröbere Wolle von Schenkeln und Bauch der Alpakas, lassen sie bei Sunna Alpakas in Deutschland zu Bettwaren (Kissen, Zudecken) und zu gefilzten Schuheinlagen verarbeiten. Sogar die groben Reste werden noch als Polsterfüllungen und – mit Schafwolle gemischt – als Pellets zum Düngen verwendet. ALLES wird verwertet.
Der Hoflanden befindet sich im ehemaligen “Troadkasten”, so wurde früher der Getreidespeicher genannt. Im Winter finden hier auch Filz- und Spinnkurse statt, im Sommer gibt es Kindergeburtstage mit Alpakawanderung und Lagerfeuer.
Auch Alpakawanderungen, Kurse und Kindergeburtstage gibt es am Langzwettler Alpakahof.
Spinnrad (links), kleine Kardiermaschine (rechts)
Alpakawolle verursacht keine Allergien, und Alpakas sind im Gegensatz zu Schafen sehr sauber. Ich greife in einen Sack frisch geschorener Wolle: Sie ist ganz flauschig und gar nicht schmutzig!
Ich bedanke mich herzlich für diesen feinen, sympathischen Besuch und freue mich über die Alpaka-Begeisterung, die Harald und Michaela ausstrahlen.
Gabi ist die Gründerin und Geschäftsführerin vom Textilportal. Ihr Geld verdient sie als Computerfachfrau. In ihrer Freizeit handarbeitet sie viel, bloggt darüber auf madewithbluemchen.at, liest gerne ein gutes Buch, tanzt mit ihrem Mann oder lässt sich den Wind beim Segeln um die Nase wehen.
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