Goldene Quasten in der Werkstatt von M. Maurer Posamente

Albert und die Posamente (Podcast #005)

Aktualisiert am 13. Juli 2023.

M. Maurer in Wien ist eine der letzten Firmen in Europa, die „Posamente“ herstellt. Als Posamente oder Posamentrien werden schmückende Teile für Kleidung oder Wohnen bezeichnet, zum Beispiel Borten, Quasten oder Fransen. Mit dem jungen Chef Albert Maurer habe ich über traditionelles Handwerk, Firmenstrategie und moderne Projekte gesprochen.

An einem Freitag Mittag, kurz vor 12:00 Uhr, betrete ich das Firmengebäude in einem Innenhof im 7. Wiener Gemeindebezirk. Maschinenlärm dröhnt durchs Haus. Gleich links vom Eingang werfe ich einen Blick in die Weberei. Eine Arbeiterin verweist mich weiter zum Chef, ins Büro ein Stockwerk höher.

Kommerzialrat Konrad Maurer und sein Sohn Albert. Firmenleitung in 6. Generation
Kommerzialrat Konrad Maurer (rechts) und sein Sohn Albert. Firmenleitung in der sechsten Generation
Vitrine mit verschiedenen Produkten, im Mezzanin vor dem Verkaufsraum
Die Vitrine befindet sich im Mezzanin vor dem Verkaufsraum.

Kurz bevor die Maschinen um Punkt 12:00 Uhr stoppen (es ist Freitag, das Wochenende beginnt), macht der Jungchef Albert Maurer mit mir einen schnellen Rundgang durch die beiden Gebäude, die die Posamentenfabrik beherbergen: Von der Adjustierung, wo die fertige Ware abschließend kontrolliert wird, über die Textilnäherei, und Stickerei, weiter zur Weberei und Spinnerei. Im zweiten Gebäude befinden sich die Flechterei, Seilerei, die Galon-Maschinen zur Herstellung von Fransenborten und die Handarbeits-Abteilung.

Ausschnitte aus der Handarbeit: Herstellung von Uniform-Posamenten
Ausschnitte aus der Handarbeit: Herstellung von Uniform-Posamenten

Die 1863 gegründete Firma besitzt einen Schatz von über 100 historischen und modernen Maschinen zur Textilproduktion. Ein Teil davon wurde von anderen Posamentier-Betrieben aufgekauft, wenn diese den Betrieb einstellten. Durch seinen vielfältigen Maschinenpark bekommt man bei M. Maurer „alles aus einer Hand“ .

Ein Bandwebstuhl bei M. Mauer Posamente, Wien
Ein Bandwebstuhl bei M. Mauer Posamente, Wien

Vom Spinnen, Verzwirnen und Umgarnen, übers Weben, Flechten, Sticken, Seile Herstellen und Nähen, bis zur Endfertigung per Handarbeit sind alle Arbeitsschritte im eigenen Haus beheimatet oder werden von Heimarbeiterinnen durchgeführt. Die Bandbreite der Möglichkeiten, die Vielfalt der Produkte (über 3000 Artikel im Sortiment, sagt die Webseite) und die vielen so unterschiedlichen Einzelanfertigungen machen den Betrieb fast konkurrenzlos in Österreich, wenn nicht gar in Europa.

Prunk und Glanz mit goldener Vorhangquaste
Prunk und Glanz mit goldener Vorhangquaste, so hatte ich mir das vorgestellt. Aber Posamentrie kann noch viel mehr.

Zu den Kunden von M. Maurer zählen öffentliche Institutionen wie Museen und Schlösser; Vereine wie Feuerwehren, Trachtenvereine, Studentenverbindungen; Raumausstatter:innen, Trachtenhersteller:innen und Designer:innen; Theater; Klöster und kirchliche Einrichtungen für so genannte „Klosterarbeiten und Paramentik“. Aber auch als Privatperson kann man Borten, Quasten und anderen Zierrat bei M. Maurer fertigen lassen, sofern man den Mindestwarenwert von 50,- Euro netto bestellt. Speziell nach Kundenwunsch gefertigte Web-Borten bekommt man ab einer Bestellung von 50 oder 100 Metern.

Verkaufsraum der Firma M.Maurer Posamente
Im Verkaufsraum findet man eine große Anzahl unterschiedlicher Borten und Quasten, sowie Musterbücher zum Gustieren.

Was zunächst nach einem aussterbenden Handwerk klingt, hat gute Zukunftsaussichten. Zierrat an Kleidung und im Wohnbereich kommt nicht wirklich aus der Mode, und wird zum Teil auch neu entdeckt und modernisiert. Außerdem sind Albert Maurer und seine Frau Elisabeth recht aktiv auf den Sozialen Medien: Durch regelmäßige Präsenz im Fernsehen, zahlreiche Artikel in Sammelbänden über „Traditionshandwerk“, öffentlichkeitswirksame Projekte wie derzeit die Nachbildung einer Kutsche im Schloss Schönbrunn, Auftritte bei internationalen Messen und Zusammenarbeit mit bekannten Künstler:innen und Designer:innen machen die Maurers das Traditionshandwerk des Posamentierers fit für das 21. Jahrhundert.

Graffiti an der Außenfassade der Firma in der Kandlgasse, Wien.
Graffiti an der Außenfassade der Firma in der Kandlgasse, Wien.

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  • 00:00:38 Welche Produkte zählen zu Posamenten?
  • 00:03:13 Mit welchen Materialien arbeiten sie?
  • 00:08:06 Alte Maschinen und Know-how zusammengetragen
  • 00:13:58 Welche Kunden hat die Firma?
  • 00:15:18 Philosophie: Alles aus einer Hand
  • 00:16:08 Die einzelnen Abteilungen im Haus
  • 00:17:25 Wie finden die Kunden zu ihm?
  • 00:18:45 Mitarbeiter:innen und Lehrberuf
  • 00:20:55 Wenn ich als Privatperson etwas bestellen möchte
  • 00:24:24 Wie geht es mit dem Betrieb weiter? Lehrberuf und Design-Projekte

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Gabriele Brandhuber

Herr Maurer, sagen Sie mir doch mal, welche Erzeugnisse fallen denn eigentlich alle unter Posamenten? Weil ich denke immer an so Quasten, die in einem alten Schloss am Vorhang hängen. Das ist für mich ein Posament, aber ich glaube, das ist viel vielfältiger, diese Warengruppe.

Albert Maurer

Es gibt bei Posamentrien unterschiedliche Bereiche: Es gibt die klassischen Uniformposamenten. Das sind zum Beispiel für die Feuerwehr Kragenspiegel und Aufschiebschlaufen. Oder natürlich auch für Vereine, Portepees [frz. „porte-épée“‚ Degentrage] und Feldbinden und alles Mögliche. Dann gibt es die sogenannten Raumausstatter-Posamenten oder Interieur-Posamenten. Das ist das, was Sie gerade erwähnt haben, mit Quasten und Fransen für Abschlüsse und was weiß ich was. Das heißt: „Posamenten“ ist eigentlich ein Allgemeinbegriff, wo wir jetzt wahrscheinlich auf die nächste Frage kommen: Was sind Posamenten? Posamenten sind Verzierungen, wo ich etwas damit dekorieren kann. Das heißt, ich habe zum Beispiel ein Posament für ein Kleidungsstück, Kleidungsposamenten zum Beispiel. Epauletten sind auch Posamenten, zum Beispiel. Wo ich ein Sakko habe, und dann will ich ein paar Epauletten links, rechts drauf haben. Es ist eine Verzierung, ist einfach: etwas verschönern. Das sind Posamenten.

Gabriele Brandhuber

Verstehe. Ich war letztes Wochenende in Nürnberg, im Germanischen Nationalmuseum, in der Kostümabteilung auch. Und da waren Kleider, und dann stand unten auf der Beschreibung: Seidentaft, Posamenten, und so weiter. Und das waren alle möglichen Verzierungen, also Froschgoscherl

Albert Maurer

Verschnürungen, das ist ALLES.

Gabriele Brandhuber

Fransen.

Albert Maurer

Man kann sich einfach merken: Verzierung, was man schmücken kann. Einen Vorhang kann ich schmücken, ein Kleidungsstück kann ich schmücken, eine Uniform kann ich schmücken. Also alles, was ich irgendwie schmücken kann, das ist ein Posament, kann man sagen. Und dann gibt es eben diese Gruppierungen, wo man dann reingehen kann: Uniformposamenten, Raumausstatter-Posamenten, Trachten-Posamente, wo man das Ganze vielleicht ein bisserl aufgliedern kann.

Gabriele Brandhuber

Ja, und ich glaube, sie machen ja auch für den sakralen Bereich einigen.

Albert Maurer

Auch, ja. Paramentik, Klosterarbeiten und Paramentik ist der Fachausdruck dafür. Und das sind halt Klöster, und die kaufen dann Goldborten, Fransen, auch teilweise Goldstickmaterial, also alles mögliche.

Gabriele Brandhuber

Mit welchen Materialien arbeiten Sie da?

Albert Maurer

Mit allen möglichen. Also klassisch: Baumwolle, Kunstseide. Seide nicht so viel, weil der Andrang an Seide ist nicht so groß. Bei Seide, muss man immer aufpassen: in der Handarbeit ist es möglich. Bei Maschinen muss man immer aufpassen, weil das reißt leicht, natürlich. Und es ist sehr kostspielig. Also Seide ist schon möglich. Das heißt, wenn ein Kunde sagt, er möchte Quasten aus Seide haben, kann ich schon schauen: Habe ich die Farbe? Wenn ich sie nicht habe, kann ich sie besorgen. Schlägt sich natürlich im Preis nieder. Das ist eh klar. Dann natürlich… Polyester benutzen wir mittlerweile auch, weil es viele Kunden auch gibt, die eine… ich will nicht sagen eine günstige Qualität haben wollen, aber es ist eigentlich eine günstigere Qualität, weil es halt Polyester ist. Wenn man sich eine Polyesterquaste verglichen mit einer Kunstseidenquaste anschaut, wird man halt merken: Kunstseide, die glänzt schön, die leuchtet schön. Fühlt sich auch besser an, wenn man durchfährt, die angreift [anfasst]. Und Polyester fühlt sich einfach anders an.

Gabriele Brandhuber

Verstehe. Und wir haben ja gerade vorher einen Rundgang gemacht oben, da waren ja auch ganz viele Golddrähte oder vergoldete Drähte. Also auch metallische [Materialien].

Albert Maurer

Auch Metall. Wir arbeiten auch mit synthetischem Gold. Das ist eigentlich auch eine Kunstfaser, kann man sagen. Das ist das Einfachste, wenn wir sagen Metgold (?), Metsilber (?). Was wir natürlich auch arbeiten, ist mit Echtgold und Echtsilber, und vergoldet und versilbert auch. Aber primär, die meisten Produkte sind Kunstfaser, oder eben Baumwolle. Was wir auch öfters haben, ist Schafwolle, Ziegenwolle, also alles Mögliche.

Gabriele Brandhuber

Mit Wolle?

Albert Maurer

Ja. Mit Wolle können sie eine Krawattenborte [machen], zum Beispiel für den Trachtenbereich ist aus Wolle. Oder auch irgendeine Franse, je nachdem was der Kunde möchte. Also: Besorgen kann man quasi alles. Viele unterschiedliche Rohware haben wir im Haus. Natürlich nicht in allen Farben. Viel auch in Rohweiß. Da kann man natürlich dann den Färber kontaktieren und das einfärben lassen, keine Frage. Aber sehr viel kann man besorgen, es halt dementsprechend dann natürlich seinen Preis, und die Wartezeit auf das Produkt ist natürlich auch dementsprechend länger.

Gabriele Brandhuber

Gut, aber wenn man es nicht eilig hat, dann kann man quasi so gut wie alles machen.

Albert Maurer

Genau.

Gabriele Brandhuber

Sie haben jetzt gesagt, sie haben Gewerke, die Ihnen zuarbeiten. Das ist der Färber, dann haben sie…

Albert Maurer

Also die Rohmaterialien natürlich. Die Rohmaterialien kaufen wir in Europa ein. Bei uns kommt alles aus Europa und nicht aus der Dritten Welt. Das würde auch gar nicht gehen wegen Zertifikaten und so. Weil wir ja immer wieder, wenn wir gerade mit öffentlichen Stellen arbeiten, immer wieder Zertifikate auflegen müssen. Wir selber haben keine Zertifikate, brauchen wir auch nicht wirklich, weil wir ja Textilverarbeiter sind. Wir kaufen die Wolle oder die Kunstseide in Europa, oder jetzt in Österreich, je nachdem, wo wir es halt kriegen, wo wir mit der Qualität zufrieden sind, und bekommen von diesen Herstellern die Zertifikate.

Gabriele Brandhuber

Verstehe. Und verwenden das dann weiter.

Albert Maurer

Genau.

Gabriele Brandhuber

Also okay, also die Rohmaterialien, dann haben wir einen Färber. Oben haben ich gesehen, solche zu Holz-Modeln oder Holzteile, die kriegen sie vom Drechsler.

Albert Maurer

Also Holzformen, die bekommen wir vom Drechsler. Oder sonst von irgendeinem… Von unterschiedlichen Drehbetrieben. Das sind ja Drehteile, die gibt es in Holz und in Plastik. Das kommt drauf an: Manches Mal wird Holz verwendet, manches Mal wird Plastik verwendet. Es kommt immer darauf an: Was soll mit dem Produkt passieren? Wo kommt dieses Produkt hin? Wo wird dieses Produkt befestigt? Und demnach wird dann entschieden: Nehme ich eine Holzform oder nehme ich eine Plastikform? Das Wesentliche ist immer: Wenn es nass wird? Wie verhält sich das Produkt dann? Verändert sich dann das Material, was oben ist, oder wie sieht es da aus? Gewisse [Produkte] sind wir gebunden, dass wir sie zum Beispiel in Holz nur kaufen, weil da gibt es das gar nicht. Da gibt es die Möglichkeit gar nicht. Aber den meisten Kunden, im Kern, ist es eigentlich wurscht.

Gabriele Brandhuber

Und vielleicht ist es auch eine Frage vom Gewicht, je nachdem, wie groß das ist? Vielleicht? Oder weniger.

Albert Maurer

Für den Kunden im Endeffekt ist es so, dass er das Produkt so geliefert kriegt wie die Jahre davor. Weil das sind meistens Kunden, die immer hier gekauft haben, und die wollen…

Gabriele Brandhuber

Und die wollen genau das so [wie sie es immer hatten].

Albert Maurer

Und wenn ich es eben nicht in dem Material, im Holz, mehr bekomme, weil keiner mehr diese Form hat oder sonst was, muss ich es halt in Plastik machen. Aber da wird mit dem Kunden vorher darüber gesprochen und da wird schon gesagt: Ja, wir können das nicht mehr so und so machen.

Gabriele Brandhuber

Verstehe, ja. Was mich sehr beeindruckt hat, ist dass Sie/ also wie wir jetzt durchs Haus gegangen sind, dass ja im Grunde ALLES, also auch diese… Sie bekommen die Rohmaterialien, aber sie machen auch sämtliche Zwischenschritte, vom Spinnen, über dieses Umgarnen, über das Häkeln von Borten… Es gibt einfach unglaublich viele tolle alte Maschinen hier im Haus. Und sie machen im Grunde ganz, ganz viel selbst.

Albert Maurer

Genau. Das ist halt der Vorteil, das hebt uns ab, sagen wir immer, vom Wettbewerb. Weil wir haben ja schon ein paar Konkurrenten. Also die, die wirklich eins zu eins dasselbe machen wie wir, und wo wirklich alles zusammen gebündelt ist, wie’s bei uns ist, gibt es nicht wirklich. Aber es gibt halt eigene Bereiche, wo es in Österreich… In Niederösterreich gibt es einen Konkurrenten noch, der ist halt nicht so groß wie wir. Der macht schon auch mit Fransen und andere Geschichten noch, aber halt nicht zu 100 % alles, was wir machen. In Deutschland gibt es einen größeren Konkurrenten, der ist aber mehr wieder auf Webereien, auf Web-Artikel ausgerichtet. Und Uniformen, weil natürlich der Markt in Deutschland ein größerer ist, für diese Sachen. Das waren jetzt die Konkurrenten, kann man sagen, im horizontalen Bereich, dann gibt es die Konkurrenten im vertikalen Bereich, nenne ich das immer, das sind die, wo gewisse Bereiche ähnlich sind und dann andere halt wirklich komplett anders sind.

Albert Maurer

Das heißt, wo es natürlich auch viel Konkurrenz gibt, ist beim Handarbeiten. Weil wir benutzen primär maschinelle Webstühle, also mechanische, also vollautomatische und keine Hand-Webstühle. Aber die Italiener oder die Franzosen, die benutzen zum Beispiel viele Handwebstühle, wo sie dann für die ganzen Interieur-Firmen… Fällt mir jetzt ad hoc nicht ein, aber da gibt es diese bekannten Interieur-Firmen, wo sie dann diese Riesen-Programme produzieren. Und das wird teilweise auf Hand-Maschinen gefertigt. Da haben sie eigene Kollektionen dafür. Und natürlich auch für das Goldstick-Material gibt es drei in Europa, die das können. Also es gibt uns, dann gibt es den Deutschen. Wobei das ist aber auch nicht mehr wirklich/ der ist wirklich primär auf die Uniform. Der macht, primär die Uniformsachen. Und dann gibt es natürlich noch in Frankreich auch Firmen. Und vielleicht auch in Italien. Ich habe das ganz ehrlich, ich habe das dann nicht mehr so lange so viel verfolgt, weil… Ich weiß, dass es ein paar gibt, aber es ist überschaubar und abzählbar. Und es gibt halt nicht 20 weltweit. Also so ist es nicht. Es gibt dann natürlich immer wieder in anderen Ländern, gerade im Raum Asien, gibt es dann Firmen, die das versuchen zu kopieren. Bekommen das aber nicht immer hin, weil sie… (a) mangelt’s an der Qualität, vor allem von der Rohware. Und (b) bekommen sie es nicht hin, weil wenn sie nicht die Aufzeichnungen haben, wie sie das kopieren sollen, wird es halt schwierig. Also nur vom Sehen her dann ein Produkt zu kopieren ist halt nicht so leicht.

Gabriele Brandhuber

Und weil auch diese Maschinen! Ich finde, das ist ein unglaublicher Schatz, den sie da haben an alten Maschinen. Ich habe auch auf Ihrer Webseite nachgelesen, dass ja… Offensichtlich gab es früher viel mehr Betriebe und Sie haben immer wieder von Betrieben, als die geschlossen haben, oder nicht mehr weitergeführt wurden, die dann aufgekauft und auch die Maschinen ja integriert in Ihren Betrieb.

Albert Maurer

Ja wir haben primär das Know-how und die Maschinen und die Rohware haben wir uns immer… Weil es war immer so: Firmen, die wollten nicht weitermachen, und dann haben wir halt gesagt: Ok, gut, dann kaufen wir sie auf. Dann haben wir zumindest noch die erfahrenen Mitarbeiter, dass es da weitergeht. Das ist eine Art der Strategie, das hat mein Vater so gemacht, der auch noch immer im Betrieb ist. Der ist seit über 60 Jahren im Betrieb. Der ist jetzt 82, ist aber schon lange in Pension. Er arbeitet halt einfach noch mit. Warum? Gerade in unserem Bereich braucht man halt sehr viel Wissen. Und es sind/ Wir haben zwar sehr viele Lektüren, wo wir nachschauen können, oder in Büchern nachlesen können, aber man braucht halt wirklich viel Erfahrung in vielen Bereichen. Sehr viel wissen die Mitarbeiter in ihrem eigenen Bereich. Also jeder Mitarbeiter, der in dem und dem Bereich arbeitet, kennt sich gut aus, natürlich. Und für mich ist das so: Ich bin auch Quereinsteiger. Ich mache das jetzt seit acht Jahren. Ich habe als Kind auch immer wieder mitgearbeitet, auch von zu Hause aus, aber… Aber ich mach das so: Für mich ist das immer so eine Art Baukasten. Das heißt, der eine Mitarbeiter gibt mir die Information, der zweite gibt mir das, und das setze ich mir zusammen. Und so weiß ich dann, was soll ich dem Kunden sagen, wie es ist. Das heißt, ich weiß nicht immer alles zu hundert Prozent. Ich muss mir das dann irgendwie zusammenbauen. Mein Vater weiß natürlich vieles, weil er so lange das schon macht.

Gabriele Brandhuber

Was haben Sie für einen Hintergrund?

Albert Maurer

Ich habe Unternehmensberatung davor gemacht.

Gabriele Brandhuber

Ah ja. Aber das passt dann eh ganz gut, wenn man dann ins eigene Unternehmen einsteigt.

Albert Maurer

Ja. Ich habe mich immer wieder mit vielen Firmen beschäftigt, musste die immer analysieren. Und hab dann drei, vier Tage dafür Zeit gehabt. Und haben dann eigentlich immer bei den Präsentationen die Firmen besser gewusst, besser Bescheid darüber gewusst als der Eigentümer selber. Das war dann immer relativ spannend. Aber wie gesagt, hier ist es halt ähnlich, dass… Ich sage es immer so: Ich mache das jetzt seit acht Jahren, aber ich kann noch immer nicht alles. Also ich kann vielleicht 60 % von dem Ganzen und 40 % fehlen mir noch immer. Und wo ich mir halt schwer tue, sind die Spezialsachen von ganz ganz früher. Weil da gibt es noch immer alte Produkte, die die Kunden anfragen, und das ist nicht so leicht. Da muss ich dann immer nachschauen und suchen, ob ich irgendwas finde dazu.

Gabriele Brandhuber

Wer sind denn diese Kunden vorwiegend, von Ihnen? Sind das eher Institutionen, Museen?

Albert Maurer

Also öffentliche Stellen Natürlich viele. Wo wir halt mehrere Jahresverträge haben. Das funktioniert halt klassisch über Ausschreibungen. Dann von den Privaten die Hauptabnehmer sind die Feuerwehren. Und dann haben wir noch… Also bei uns kann eigentlich jeder kommen. Also wir haben viele Raumausstatter, die zu uns kommen und eben Vereine, Traditionsvereine, Schützenvereine, Trachtenhersteller, alles Mögliche. Viele Theater. Alles Mögliche.

Gabriele Brandhuber

Also im Grunde jeder, der einen „Putz“ braucht auf irgendein spezielles Kleidungsstück

Albert Maurer

Jeder, der irgendwas braucht, womit er irgendwas verzieren kann. Jeder, der ein Posament braucht, kommt zu uns, quasi. Was wir natürlich auch noch machen, sind Stickereien. Also Maschinenstickereien und Handstickereien. Handstickereien dauern natürlich dementsprechend lang. Bis zu drei Monate kann das dauern. Aber Maschinenstickereien gehen wesentlich schneller. Also alles, was maschinell ist, sofern wir das Material lagernd haben oder nichts großartig vorbereiten müssen, gehen natürlich dementsprechend schneller.

Gabriele Brandhuber

Okay, Maschinenstickerei. Ja, gerade bei Maschinenstickerei gibt es ja auch ganz viele kleine Betriebe, die sich so eine Stickmaschine hinstellen, oder zwei, drei. Kappen besticken.

Albert Maurer

Ja, eh, das ist richtig. Aber was ist der Vorteil bei uns? Wir haben immer gesagt, die Philosophie ist alles aus einer Hand. Das heißt, wenn wir jetzt eine Studentenverbindung haben, weben wir das Band. Dann wollen die irgendwas hineingestickt haben, dann sticken wir das rein. Und dann wird es noch drüben in der Näherei oder in der Heimarbeit zusammengenäht und die Schnalle montiert. Das kann so ein Sticker zum Beispiel nicht, der hat nur seine Stickerei. Der muss sich (a) das Band einmal besorgen, dann wird das Band bestickt, und dann braucht er irgendjemanden der es näht.

Gabriele Brandhuber

Ja, klar.

Albert Maurer

Und genauso ist es bei den ganzen Emblemen und so was. Der hat die Stickerei, nur dann muss er sich wieder überlegen: Wie kann er eine Klette annähen? Der braucht immer irgendeine Nähere. Also einfach nur Sticken geht vielleicht für irgendwelche Bekleidungsstücke, für Polos oder irgendwas, das ist vielleicht möglich, das zu machen. Aber sobald irgendwie eine Handarbeit dabei ist, oder irgendwer muss irgendwie was aufnähen, wird es wieder schwierig.

Gabriele Brandhuber

Sagen Sie mir jetzt noch einmal die Abteilungen bei Ihnen im Haus. Sie haben eine Spinnerei, dann haben Sie eine…

Albert Maurer

Also, wir fangen hier unten an. Da ist das Büro, Verkauf. Dann haben wir die Adjustierung. Die Adjustierung ist der letzte Bereich. Die Adjustierung ist der Bereich, der die Qualität kontrolliert und dann die Ware fertig macht für die Post. Und das heißt, die Adjustierung ist der Bereich, wo.. Das ist die letzte Hand, die quasi kontrolliert, ob alles in Ordnung ist. Sonst kontrolliert die Ware niemand mehr, nachdem sie verschickt wurde. Dann haben wir die Textilnäherei. Im Keller haben wir die Stickerei. Oberhalb von uns, vom Büro, haben wir die Weberei, und eine Etage noch höher ist die Spinnerei. Das ist das erste Gebäude. Im zweiten Gebäude ist unten die Flechterei, die Seilerei, die Galonne und die Handarbeit.

Gabriele Brandhuber

Die Galonne ist jetzt die, wo…

Albert Maurer

Das sind die Häkel-Galonne-Maschinen, wo Fransen hergestellt werden. Trachtenborten hergestellt werden…

Gabriele Brandhuber

Genau. Das finde ich so faszinierend. Großartig. Wie finden denn die Kunden zu Ihnen?

Albert Maurer

Also, wir sind natürlich auf Facebook, auf Instagram vertreten. Webseite. Wir machen sehr viel im Fernsehen. Wir geben sehr viele Interviews. Es gibt sehr viele Bücher über uns, sehr viele Magazine. Also immer wieder hört immer irgendjemand über uns. Viele Bestandskunden, alte Kunden, die das einfach weitergeben. Die Lieferanten, wo wir halt dabei sind. Und so kommen die Kunden. Also viel ist Mundpropaganda, natürlich. Es gibt auch Neugierige, die einfach auf der Straße spazieren gehen und dann schon einmal Traditionsbetriebe suchen, dann auch so zu uns kommen. Also wirklich total verschieden.

Gabriele Brandhuber

Ja, und es gibt auch… Ich finde jetzt diese Malerei an der Hausmauer ziemlich auffällig, die sie da draußen gemacht haben.

Albert Maurer

Das haben wir gemacht, warum haben wir das gemacht? Der Hintergedanke war: Das war immer eine weiße Wand, die wurde immer zugeschmiert. Und dann haben wir uns einen Graffiti-Künstler geholt und haben gesagt, er soll uns was Schönes drauf machen.

Gabriele Brandhuber

Total cool!

Albert Maurer

Und seit über zwei Jahren oder drei Jahren ist dieses Graffiti drauf, wird NIE beschmiert. Es kann sein, dass manchmal irgendwelche Kinder mit irgendeinem Stift was drüber machen. Dann rufen wir ihn an, dann kommt er, und tut das gratis Ausbessern. Dafür geht halt das Kunstwerk weltweit von ihm, und er kriegt halt seine Likes.

Albert Maurer

Ja, cool. Wie viele… Ich habe glaube ich auf der Webseite gelesen, dass 1945 hatte die Firma 235 Mitarbeiter. Heute 27, und 20, die in Heimarbeit Sachen fertigen.

Albert Maurer

Genau, so zirka, ja. Das kommt zirka hin.

Gabriele Brandhuber

Das heißt von 235 auf rund 50, sagen wir mal. Ein Fünftel.

Albert Maurer

Immer schauen unter 50. Warum? Wir haben ja keinen Betriebsrat hier. Aber es sind ja nicht ständig 27 [Mitarbeiter] hier. Es sind ja sehr viele Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte, die sind ja nicht ständig hier. Die anderen, kann man sagen, sind regelmäßig hier. Aber das ist ja dann eine Zahl von 23, 24 Mitarbeitern, die ständig halt hier beschäftigt sind. Und alles andere ist Heimarbeit. Das heißt, die haben wieder einen komplett anderen Vertrag und arbeiten von Zuhause. Das sind zum Beispiel: Borten aufnähen auf Kragenspiegel, also Näharbeiten. Sterne mit der Hand aufnähen. Die Portepees [Degenschlaufen], die wir drüben gesehen haben: Die Teile vorbereiten, Fransen auf Köpfe nähen, Borte drauf nähen, Fransen auf Köpfe kleben, irgendwas. Klebearbeiten, Kragenspiegel kleben. Diese Sachen sind das, die man von zu Hause macht. Wer ist das primär? Unterschiedliche Menschen. Wichtig ist halt immer, dass sie in der Nähe, also im Umfeld von Wien wohnen, weil sie einmal die Woche kommen müssen und sich Ware ausfassen, und die gebrachte Ware bringen müssen.

Albert Maurer

Es ist alles möglich: Es sind Pensionisten, die vielleicht ehemalig hier gearbeitet haben und dann sich neben der Pension a bissl was dazuverdienen wollen. Das sind Menschen, die kunstinteressiert sind und einfach ein bissl was dazuverdienen wollen, weil die eine Ausbildung machen, oder einfach gerne nähen und sonstwas machen. Sind sehr viele alleinerziehende Mütter zum Beispiel, die in der Freizeit ein bisschen Zeit haben und ein bissl was nähen wollen, und so ist das zirka. Aber es gibt natürlich auch Heimarbeiter, die Vollzeit hier arbeiten. Die arbeitet dann wirklich Vollzeit zu Hause, und die arbeitet dann natürlich rund um die Uhr. Die 38,5-Stunden-Woche haben wir. Die arbeitet dann wirklich die 38,5 Stunden zu Hause. Woche für Woche.

Gabriele Brandhuber

Gut. Wenn ich jetzt bei Ihnen als Privatkundin was bestellen möchte, wie funktioniert das? Oder: Wie viel muss ich da abnehmen? Kann ich auch 2 Meter kaufen von irgendeiner Borte oder muss ich mehr? Oder wie geht das?

Albert Maurer

Also das Wichtigste ist, bei uns gibt es Mindermengen. Also es ist so: Wenn man unter einem Warenwert von 50 € netto ist, muss man einen Mindermengenzuschlag von 15 € zahlen. Wie funktioniert’s? Entweder ich komme persönlich vorbei, am besten halt, Montag bis Donnerstag. Freitag geht auch, aber dann am liebsten mit Terminanfrage. Aber Freitag geht eh nur bis zwölf quasi. Aber am liebsten halt mit Terminanfrage. Aber sonst Montag bis Donnerstag geht immer. Das heißt: Entweder ich komme persönlich vorbei, oder ich rufe an. Und das Einfachste ist halt eine E-Mail zu schreiben. Ich kann natürlich, auch wenn ich jetzt ein E-Mail schreiben will, nicht anrufen will, auch versuchen über die sozialen Medien, Social Media, eine Nachricht zu schicken. Jetzt über Google oder Instagram oder Facebook, kriegen wir auch öfters.

Albert Maurer

Ja, und dann, der Ablauf ist der: Der Kunde kommt und sagt, was er will. Viele schauen sich dann unsere Musterkarten draußen an. Das sind unsere Kollektionen, die wir haben, die zeigen wir her. Meistens ist irgendetwas dabei, wo der Kunde sagt: Das möchte er haben. Mindestmenge bei vielen Borten zum Beispiel sind 25 Meter. Es gibt aber viele Produkte, wo wir auch weniger Meter hergeben. Wichtig ist halt, dass er auf den Mindestwarenwert von 50 € netto kommt. Das ist immer das Wichtigste. Was auch möglich ist, es gibt/ Ein klassisches Beispiel ist: Privater Kunde, möchte eine Lampenposamentrie zum Beispiel haben. Dann gibt er uns die Details: Wie schwer ist der Luster? Welche Farbe soll das haben? Wie lang soll das sein? Braucht er eine Überlänge? Will er eine Quaste haben? Will er einen Schuber haben? Das nehmen wir alles auf. Ist es eine Sonderfarbe, ist es eine Standardfarbe?  Nehmen wir alles auf. Sagen dann einen so zirka Preis. Da kann auch schon ein Stück haben, ist kein Problem. Auch bei Quasten geht ein Stück. Ist halt dementsprechend ein anderer Preis, als wenn jemand jetzt 100 Quasten nimmt, ist eh klar.

Albert Maurer

Und wenn jemand zum Beispiel eine eigene Borte haben will oder sonst was, ist das auch kein Problem. Da brauchen wir halt ein Muster, brauchen ganz genau wie es ausschauen soll, brauchen ein Farbmuster, dass wir halt genau wissen, was wir machen sollen. Also am liebsten, gerade bei den Handarbeiten, arbeiten wir, wenn wir Muster bekommen, Zeichnungen bekommen, damit wir wirklich genau wissen, was der Kunde will. Und gerade bei Handarbeiten sind Einzelanfertigungen möglich. Also es geht auch ein Stück. Wichtig ist halt immer wieder die Mindestmenge. Aber sobald es irgendwie mit Borten und so zu tun hat, mit Webereien und so was, gibt es die Mindestmengen zwischen 50 und 100 Metern. Das kann man dann erfragen, wie das ist. Warum ist das so? Sie brauchen zirka ein bis zwei Stunden, um einen Webstuhl einzuziehen. Das ist der Grund, warum wir nicht sagen: Wir machen 10 Meter. Ich meine, das muss… Wenn das ein Stammkunde ist, seit 50 Jahren hier kauft und sagt: Er braucht das jetzt für einen Kunden, kann es sein, dass wir mal eine Ausnahme machen. Dass wir ihm einmal 10 Meter weben. Das hat natürlich auch seinen Preis, keine Frage. Aber alles unter den Metragen, die ich angegeben habe, wird’s nichts.

Gabriele Brandhuber

Einfach weil es ein Aufwand ist, den Webstuhl vorzubereiten. Gut, wir haben jetzt gesprochen über die Vergangenheit und so. In der Zukunft? Wie geht es weiter mit Ihrem Betrieb?

Albert Maurer

Na, ich habe noch… Mein Vater ist 82, ich werde nächstes Jahr 40. Das heißt, ich habe eh noch 42 Jahre vor mir. Das heißt, das ist viel Zeit, um darüber nachzudenken, wie es dann weitergeht. Wir führen ihn [den Betrieb] sehr zukunftsorientiert, sage ich einmal. Wir suchen immer wieder Mitarbeiter. Sei es jetzt in Heimarbeit, sei es im Industriebetrieb. Sei es jetzt Lehrlinge, die eine Lehre machen wollen. Wenn sich jemand dafür interessiert, einfach ein E-Mail schreiben. Da können wir dann Informationen zukommen lassen, oder man kommt einfach vorbei und sagt: Ich interessiere mich für den Lehrberuf. Wir bilden unterschiedliche Lehrlinge aus, in unterschiedlichen Bereichen. Also zum Beispiel Bürokauffrau, oder Bürokaufmann. Oder zum Beispiel in der Industrie, das heißt Textilgestaltung, das ist der Überbegriff. Und dann geht das in Schwerpunkte rein: Das ist Weben, Sticken und der Posamentierer, der klassische. Die Lehre dauert drei Jahre. Die Schule ist in der Steiermark, in Fürstenfeld. Also machbar ist es.

Albert Maurer

Was wir natürlich auch machen: Wir rekrutieren auch öfters Mitarbeiter, die zum Beispiel sagen, sie machen Heimarbeit. Und dann sind die so gut, dass wir sie dann reinholen, und dann bieten wir ihnen auch einen Job hier im Betrieb an, wenn es passt. Was wir auch öfters machen, ist: Wir lernen auch Mitarbeiter an. Wichtig ist, dass sie aus einem textilen Umfeld kommen, dass sie sich leichter tun, wenn wir sie dann anlernen. Also wenn das ein kompletter Quereinsteiger ist, könnte es unter Umständen schwierig werden, oder schwieriger werden. Weil wir natürlich auch nicht so viel Zeit und Kapazitäten haben. Weil wir immer wieder Zeitdruck haben, weil wir Liefertermine einzuhalten haben.

Albert Maurer

Und bei uns ist es einfach so, wenn wir wissen, ein Mitarbeiter steht drei Jahre, und dann geht er in Pension. Wird dann schon gesucht und wird dann geschaut, dass der Mitarbeiter quasi dann langsam ersetzt wird, dass das Wissen weitergegeben wird und das Wissen nicht untergeht Und dass der nächste dann weitermacht.

Gabriele Brandhuber

Es gibt tatsächlich noch den Lehrberuf eines Posamentierers?

Albert Maurer

Genau. Gibt es, ja.

Gabriele Brandhuber

Das ist… [verwunderlich].

Albert Maurer

Das gibt es. Die Wirtschaftskammer wollte es immer wieder auflösen, und Mangelberuf, und sowas, und hin und her. Aber wir haben jetzt seit zwei Wochen zwei Damen, die eben den Lehrberuf wieder erlernen. Vielleicht kriegen wir auch noch jemand Dritten. Also wir suchen immer wieder! Wichtig ist halt immer: Man muss sich für den Lehrberuf interessieren. Gut ist, wenn man im Werken [in der Schule] gut war, handwerklich gut ist. Wir hatten natürlich viele, die wir abgelehnt haben, weil das hat nicht gepasst. Das war wenig handwerkliches Können. Oder: „Ich habe das im Internet gesehen, ist interessant.“ Das bringt dem Lehrling nichts, das bringt uns nichts, weil das drei Monate mühsam dann ist, und dann müssen wir uns trennen und sowas. Das ist für uns immer verlorene Zeit. Also für uns ist immer wichtig, dass sich irgendjemand bewirbt, der das wirklich ernst nimmt und das wirklich machen will und sich wirklich dafür interessiert. Dann funktioniert das auch.

Gabriele Brandhuber

Ja und Sie haben ja auch immer wieder größere Projekte. Weil ich gesagt habe: Wie geht es weiter in der Zukunft? Sie haben ja auch, habe ich gesehen, ein Projekt gerade, wo Sie eine Kutsche ausstaffieren?

Albert Maurer

Genau. Das ist für den Gery Keszler, wo wir gerade ein Projekt für ihn machen. Wo der Trauerwagen von der Kaiserin nachgebaut wurde. Und wir machen die gesamten Posamenten. Das heißt, wir geben die Quasten, die Kordeln und die Fransen, und diese Posamenten rein. Andere Traditionsbetriebe machen dann die Gläser zum Beispiel, oder haben die Kutsche gemacht. Wir machen auch die Pferde, also das sind Lipizzaner dann – ich weiß gar nicht, ob das von der Spanischen Hofreitschule ist – aber wir machen ja für die Pferde dann auch die Quasten, die kommen ja dann auch drauf, auf das Gespann.

Albert Maurer

Aber was wir schon immer wieder machen, ist, das könnte ich vielleicht auch noch an dieser Stelle erzählen. Wir weben zum Beispiel die Borten für die Lena Hoschek, für die Bänderröcke.

Gabriele Brandhuber

Die Borten für die Bänderröcke von der Lena Hoschek sind von ihnen? Wow!

Albert Maurer

Genau. Also eigentlich diese ganzen bunten Borten, die es auch für andere Trachtenhersteller gibt, im DACH-Raum. Das ist viel von uns. Wo wir das halt machen für viele Kunden. Wir arbeiten auch immer wieder mit unterschiedlichen Designern zusammen, haben dann immer wieder probiert, in welche Bereiche es gehen kann, und so. Wir waren zum Beispiel dieses Jahr in New York auf einer Design-Messe, letztes Jahr waren wir in Dubai auf einer Design-Messe. Da haben wir Lampenschirme ausgestellt, Posamentrien mit Lampenschirmen. Das findet man auf unserer Instagram-Seite. Da hat eine Designerin, der haben wir die Borten geliefert, die hat aus unseren Borten Lampenschirme gemacht, und wir haben dann Spezialposamentrien gefertigt, also die Lampenaufhängung, wo dann diese Lampenschirme drauf waren. Und das haben wir einfach gezeigt, wie vielseitig und vielfältig wir sind, was wir alles aus unseren Produkten machen können.

Gabriele Brandhuber

Ja. Wie modern auch, nicht?.

Albert Maurer

Wir sind dann auch teilweise in den Schmuckbereich gegangen. Wir haben zum Beispiel aus Haarbänder gefertigt, mit einem Manschettenknopf. Da haben Sie die klassischen Manschettenknöpfe, die haben wir halt umfunktioniert. Haben zum Beispiel Armbänder auch gemacht mit Manschetten, also das weibliche Pendant zum Manschettenknopf. Es ist immer wieder alles Mögliche dabei. Aber wie gesagt, diese ganzen Innovationen, das findet man alles auch auf der Instagram-Seite. Weil Instagram, Facebook, da posten wir immer wieder, wenn wir irgendwie was Neues machen oder mit irgendwas herumprobieren, wird das dort gepostet. Jetzt haben wir länger nichts gepostet, eh klar. [Anspielung auf Corona] Weil sich viel geändert hat. Ja? Aber immer wieder wird halt irgendwas gepostet. Wo man halt zeigt, was man alles machen kann.

Gabriele Brandhuber

Sehr gut, wie man mit den alten Techniken und den alten Maschinen dann trotzdem sehr moderne, aktuelle Sachen herstellen kann.

Albert Maurer

Also es geht halt in sehr, sehr viele Bereiche, das Ganze. Man kann wirklich sehr viel machen mit unseren Produkten.

Gabriele Brandhuber

Großartig.

Albert Maurer

Glaubt man auch kaum. Was wir zum Beispiel machen: Für den Life Ball haben wir Quasten gemacht. Am Airport in Zürich hängen auch Quasten von uns. Also es geht dann wirklich… Ich glaube im Hotel, im Leo, oder de Leo Grand Hotel sind auch mittlerweile Raffhalter von uns. Also es ist halt wirklich…

Gabriele Brandhuber

Eine sehr breite Bandbreite.

Albert Maurer

Eine sehr breite Bandbreite! Weil das sind halt dann wirklich Einzelanfertigungen, wo der Kunde halt sechs Stück will von irgendwas, oder zehn Stück von irgendwas. Wo er halt uns sagte: So will er das haben, eine Zeichnung gibt, und so wird das dann angefertigt. Das sind wirklich Einzelanfertigungen. Und deswegen sage ich halt auch für uns immer: China ist jetzt nicht wirklich ein Konkurrent. Warum nicht? China hat sich spezialisiert auf die Massenfertigung. China arbeitet sehr viel mit Polyester. Die Qualität: Wer schon mal bei H&M und eine Quaste in der Hand gehabt und dann bei uns war, weiß halt, wovon ich rede. Wenn man die Qualität sich anschaut: Die Quaste beim H&M, die ist nachgeworfen, die kostet fast nichts. Aber das das muss sich der Konsument halt selber überlegen. Wenn er sagt, er möchte es günstig haben, muss er damit rechnen, dass es halt in einem Land hergestellt wurde, wo die Arbeitskraft billig ist und wo vielleicht auch Kinder das gemacht haben. Das passiert halt auch immer wieder.

Gabriele Brandhuber

Genau. Und bei ihnen passiert das nicht.

Albert Maurer

Bei uns passiert das nicht, weil wir eben alles in Österreich fertigen. Und entweder wir fertigen es hier oder eben in Heimarbeit.

Gabriele Brandhuber

Ja. Super. Dann vielen herzlichen Dank! Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und hoffe, dass Ihre Firma noch lange, lange bestehen wird.

Albert Maurer

Danke.

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4 Kommentare zu „Albert und die Posamente (Podcast #005)“

  1. Pingback: Inspiration für die Stoffspielerei "Posamente" - made with Blümchen

  2. Dass sie wirklich keine Zukunftssorgen haben, freut mich und gleich viel dazu gelernt. So interessant, wenn man so ein (heute) spezielles Handwerk beherrscht! In den Podcast höre ich noch Mal mit Ruhe rein.
    liebe Grüße
    nina

    1. Avatar-Foto
      Gabriele Brandhuber

      So hatte ich es zumindest verstanden: Auftragslage gut, sehr sehr viele Stammkunden, und ganz viel Mundpropaganda bzw. auch eine gute Öffentlichkeitsarbeit. Dieser Betrieb scheint sehr solide zu sein. Liebe Grüße, Gabi

  3. Pingback: Stoffspielereien im Oktober: Posamente - made with Blümchen

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