Jeans mit Visible Mending Jeans-Mending (c) Kollektiv-Fischka-Stefanie-Freynschlag

Tina Zickler und das re:pair Festival Wien (Podcast #028)

Aktualisiert am 15. Oktober 2023.

Motto des re:pair Festivals, das dieses Jahr schon zum zweiten Mal in Wien stattfindet, ist: „Konsumierst du noch oder reparierst du schon?“ In der heutigen Folge spreche ich mit der Organisatorin Tina Zickler über Ziele und Programm dieses dreiwöchigen Reparatur-Festivals, und Serafina Spatt von RESI Slowfashion erzählt, worum es bei Visible Mending – also dem sichtbaren Stopfen und Reparieren von Kleidung – geht.


Tina Zickler, die Organisatorin des re:pair Festivals, spricht über die Herausforderungen und die Bedeutung der Reparatur und Wiederverwendung von Kleidung, aber auch Elektrogeräten. Das Festival zielt darauf ab, nachhaltige Mode zu fördern und Abfall zu reduzieren, indem es die Menschen dazu ermutigt, ihre Kleidungsstücke zu reparieren und ihre Lebensdauer zu verlängern. In Workshops und Ausstellungen werden um sichtbare Reparaturtechniken gelehrt und Kreativität bei der Reparatur von Kleidung wird inspiriert.

Im zweiten Teil des Gesprächs erklärt Serafina Spatt von RESI Slow Fashion wie Visible Mending (Sichtbares Reparieren) funktioniert.

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  • 00:01:36 Tina Zickler über das re:pair Festival
  • 00:12:48 – „Nähkästchen 3.0“
  • 00:18:00 Serafina Spatt über Visible Mending
  • 00:24:10 Schlusswort

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Tina Zickler, Organisatorin des re:pair Festivals ©KollektivFischka-StefanieFreynschlag
Tina Zickler, Organisatorin des re:pair Festivals ©KollektivFischka-StefanieFreynschlag

Transkript

Interview mit Tina Zickler

Tina Zickler

Hallo, hallo! Ich freue mich, dass Sie mich eingeladen haben.

Gabriele Brandhuber

Ja, fein. Ich stelle Ihnen jetzt gleich noch mal die Frage, die ich im Vorgespräch gestellt habe. Wie geht es Ihnen denn jetzt so zehn Tage vor Festival Start?

Tina Zickler

Ja, das ist natürlich, man steht unter Strom. Es ist sehr viel zu tun. Es gibt vieles zu bedenken. Dann tauchen natürlich auch immer Sachen auf, mit denen man nicht rechnet. Wie zum Beispiel, dass der Drucker, den man beauftragt hat, Tafeln zu drucken für die Ausstellung „Confessions of a T-Shirt“ plötzlich kein Material auftreiben kann. Dabei haben wir schon vor zwei Monaten Probe-Drucke gemacht, also er wusste, was auf ihn zukommt. Und dann muss man kreativ werden, weil ja, es ist ja nur noch eine gute Woche hin. Aber das ist immer so, man kann vieles planen, aber es gibt immer irgendwelche Unwägbarkeiten.

Gabriele Brandhuber

Das ist ja wirklich ein Riesen-Festival, das Sie da organisieren. Das geht über, wie viel sind es? 21 Tage, glaube ich, drei Wochen?

Tina Zickler

24 Tage.

Gabriele Brandhuber

24 Tage, mit jedenTag drei bis vier verschiedenen Veranstaltungen, Vorträge, Workshops, Kinovorführungen und so weiter. Sie haben ja schon einiges an Erfahrung mit solchen Festival-Organisationen. Stimmt das?

Tina Zickler

Ja, das ist jetzt das dritte Festival, was ich organisiere. Ich habe 2021 ein Festival zu Tod und Trauer gemacht, das Memento Mori Festival. Das war kürzer, das war 10 Tage. Und im letzten Jahr habe ich zum ersten Mal das re:pair Festival auf die Beine gestellt. Mit mir geht halt manchmal so meine Freude am Tun durch, und ich will natürlich viele Partner ins Boot holen. Dann, was mir sehr, sehr wichtig ist, ist viele Schulworkshops anzubieten. Wir bieten in diesem Jahr wieder Workshops an, wo die Kids einerseits die Ausstellung „Confessions of a T-Shirt“ besichtigen und dann aber auch einen Visible Mending Workshop machen. Also mal selber ausprobieren, wie das ist, händisch Hosen oder Kleidungsstücke zu flicken, mit Hilfe eines Patches und durch den so genannten „Reiskornstich“, der einfach nur auf und ab geht. Der ist ganz einfach und da hat dann auch keiner irgendwie Hemmungen, das auszuprobieren, weil man da nicht scheitern kann.

Gabriele Brandhuber

Ja, und weil es auch nicht so wahnsinnig gleichmäßig sein muss oder extrem schön, sondern weil gerade dieses sichtbare Reparieren ja den Charme ausmacht von diesem Kleidungsstück. Genau. Das Festival steht ja unter dem Motto „Konsumierst du noch oder reparierst du schon?“ Das heißt, ich höre da heraus eine Konsumkritik bis zu einem gewissen Grad. Und es ist ja auch so, dass die Textilproduktion für bis zu 10% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Also immer noch wird viel zu viel Kleidung gekauft, schnell wieder weggeworfen. Ich habe den Eindruck, dass Ihnen dieser Umweltaspekt bei dieser Veranstaltung sehr wichtig ist.

Tina Zickler

Da haben Sie völlig recht. Der Umweltaspekt ist eigentlich die treibende Kraft dahinter. Also warum organisiere ich das re:pair Festival? Um die Leute dazu zu animieren, Gebrauchsgegenstände – egal ob das jetzt eine Waschmaschine ist oder vor allem auch Textilien – einfach zu reparieren und länger zu nutzen. Weil 60 Prozent der Ressourcen und der Energie wird ja eigentlich schon verbraucht, wenn man etwas herstellt. Und gerade die Textilindustrie hat sich ja wirklich entsetzlich entwickelt, indem es eigentlich mittlerweile ganz viele Kleidungsstücke schon – ich glaub auch 60 % – schon im ersten Jahr verbrannt werden. Also sie werden in diesem Jahr hergestellt und 60 % der textilen Produktion, global gesehen, wird verbrannt im selben Jahr. Teilweise wird es auch gar nicht genutzt. Und durch die Super Fast Fashion ist Mode, oder Bekleidung eigentlich, zu einem Wegwerfprodukt geworden, was einfach nur obszön ist. Und mir geht es schon sehr stark darum, auch um Konsum. Weil, ich glaube, viele Leute sind darauf konditioniert, sehr viel zu konsumieren, und sie sind sich nicht im Klaren darüber, dass Konsum nicht glücklich macht. Das wird ihnen vorgegaukelt, aber am Ende des Tages macht es nicht glücklich.

Gabriele Brandhuber

Und mit ihrem Festival zeigen sie halt einerseits Facetten dieser Wegwerf-Mentalität auf, und andererseits geben sie mit den Workshops ganz viele Anregungen dafür, wie man selber reparieren kann oder wie man selber – nicht nur Kleidung, sondern eben auch andere Gegenstände – denen ein längeres Leben verschaffen könnte. Reparieren Sie denn selber Ihre Kleidung auch? Wenn was kaputt geht?

Tina Zickler

Ja! Also ich habe sozusagen in meiner ersten Ausbildung eine Ausbildung als Mode-Direktrice gemacht. Das heißt, ich habe da richtig nähen gelernt. Und ich habe auch gelernt, Schnitte zu machen. Ich bin allerdings zugegebenermaßen relativ außer Übung. Wenn man wenig näht, dann verlernt man es. Ich könnte jetzt nicht aus dem Stegreif raus ein Paspel-Knopfloch nähen, das ginge nicht. Aber natürlich für so Reparaturarbeiten reichen meine Fähigkeiten. Und es macht mir auch Spaß, Dinge einfach zu flicken, mit der Maschine oder händisch, oder auch mal Dinge umzuarbeiten. Das mache ich eigentlich gerne, das macht mir richtig Freude. Und wir hatten ja jetzt schon die ersten Drop-in Workshops bei den RESIs, also in der „Aufwärmrunde“, um Menschen dazu zu bringen, ihr Gewand abzucyclen, zu flicken. Weil wir haben ja alle Gewand im Schrank, was nicht mehr passt: Was zu eng ist, was zu kurz ist. Wo wir auch keine Lust mehr drauf haben. Und wenn man dann ein bisschen Energie investiert, dann macht es wieder Spaß, und man trägt es wieder gerne. Und es ist sonst alles totes Kapital, was man im Schrank hat.

Gabriele Brandhuber

Das stimmt. Also ich nähe ja auch, ich nähe so gut wie alle meine Kleidung selber. Und für mich genauso wie für die meisten Hobby-Näherinnen, die ich kenne, ist das Reparieren ein absoluter Graus. Also einerseits ist es mir wichtig, auch meiner Kleidung ein möglichst langes Leben zu schenken, aber das Reparieren selber, das zögere ich hinaus, bis wirklich der Stapel so groß ist, dass er schon fast umfällt, bis ich wieder mal muss. Und vor allem Reißverschluss Tauschen ist so elendiglich. Ich hasse Reißverschluss Tauschen. Und früher, meine Schwiegereltern sind immer gekommen, vor allem der Schwiegervater: „Kannst du mir nicht… “ Oder wenn jemand kommt: „Du nähst doch!“ Dann stellen sich mir schon die Nackenhaare auf, weil dann kommt sicher irgendwie: „Kannst du mir diese Hose kürzen? Kannst du mir diesen Reißverschluss tauschen?“ Also ganz ehrlich, ihr lieben Zuhörerinnen da draußen, wenn ihr das auch nicht gerne tut, dann lasst doch reparieren. Schickt die Leute bitte zu einer Änderungsschneiderei, weil die können das! Die machen das professionell, die verdienen ein Geld damit, es ist allen geholfen. Aber ich finde es total schön, dass Sie gerne reparieren. Mir geht es halt dann so, wenn der Stapel so hoch ist, dass er fast umfällt und ich dann was abgearbeitet habe: Das ist dann schön. So wie Sie gesagt haben: Wenn ich es wieder im Schrank hängen habe und nicht am Stapel. Wenn ich es wieder anziehen kann. Und nachdem es so lange im Stapel gelegen ist: Es fühlt sich fast an wie ein neues Kleidungsstück. Es gibt so einen Frische-Kick, ein bisschen.

Tina Zickler

Ganz genau. Also so geht es mir auch. Ich habe auch Stapel. Ich habe auch ein ganzes Sackerl zu Hause, von Gewand und Socken und was man alles richten muss. Und so peu à peu arbeite ich es ab. Aber eigentlich muss man sich nur einmal die Zeit nehmen, und die Nähmaschine rausholen, und dann mal so was abarbeiten. Aber ich habe in letzter Zeit schon ein paar Sachen geschafft, und ich bin ganz glücklich. Aber es liegen auch noch etliche Sachen bereit.

Visible Mending Workshop ©KollektivFischka-StefanieFreynschlag
Visible Mending Workshop ©KollektivFischka-StefanieFreynschlag
Gabriele Brandhuber

Oh ja, ich kenne das. Also, Sie haben jetzt schon gesagt, RESI bieten Visible Mending Workshops. Ich glaube, es gibt auch so… Vielleicht macht reparieren einfach auch mehr Spaß in der Gruppe. Vielleicht macht es einfach auch mehr Spaß, wenn man sich zusammensetzt und miteinander [das tut]. Und jede macht so ihre Sachen, und man sitzt nicht so ganz allein mit diesem Haufen zu Hause. Ich glaube, Sie haben auch so eine Art Nähcafé im Programm. Stimmt das?

Tina Zickler

Das gab es wie gesagt jetzt schon, diese Drop-in Workshops, und da war wirklich eine tolle Atmosphäre. Es waren vor allem Frauen, es waren auch einige Männer da. Teilweise wurde ein Knopf angenäht. Teilweise wurde aus zwei Bettwäsche Überzügen wurde einer gemacht, weil er zu klein war für die Zudecke, die die Frau hatte. Da sind so tolle Sachen entstanden, es war wirklich begeisternd. Und wir haben auch noch Ambulanzen. Das ist wie beim Arzt: Da kommt man und da gibt es vom Lampendoktor bis zum Geigenbauer, ist alles dabei. Da kann man vorbeikommen und seine Sachen kostenlos zur Reparatur bringen. Und man muss natürlich ein bisschen warten, vielleicht ein bisschen Geduld mitbringen. Aber was diese Expertinnen da schon reparieren können, das wird dann gleich vor Ort kostenlos repariert.

Gabriele Brandhuber

das Festival hat ja, wie Sie schon gesagt haben, schon letztes Jahr einmal stattgefunden. Welche Programmpunkte waren denn da letztes Jahr besonders beliebt und gut besucht?

Tina Zickler

Die Visible Mending Kurse haben sich schon großer Beliebtheit erfreut, weil es halt so niedrigschwellig ist und jeder mitmachen kann. Und da kamen wirklich alle Altersklassen, aus allen verschiedenen Schichten kamen die Menschen zusammen, und haben sehr konzentriert und sehr friedlich miteinander dann halt sichtbar ihre Kleidungsstücke geflickt. Das war super. Aber genauso gut, was die Menschen auch fasziniert hat: Ich hatte zwei Ausstellungen letztes Jahr. Einmal, die hieß „Vor der Wegwerfgesellschaft“, da habe ich Objekte aus dem Volkskundemuseum präsentiert. Bis vor 100 Jahren hat man ja praktisch alles repariert, und das wurde da sehr schön sichtbar. Und dann gab es noch eine zweite Präsentation, die hieß „I fixed it“. Und da haben mir Menschen aus Wien verschiedene Sachen zur Verfügung gestellt, die sie selber repariert haben, um einfach da ein Beispiel zu geben. Da gab es diverse Jeanshosen, aber da war eine Gitarre dabei, ein Wäschekorb dabei, da war eine Kamera dabei. Also es waren wirklich die unterschiedlichsten Objekte, und das hat die Leute sehr fasziniert. Und in diesem Jahr habe ich auch versucht, die Menschen zum Mitmachen, zu animieren. Und es gibt eine Präsentation und eine Ausstellung, die heißt „Nähkästchen 3.0“. Das Nähkästchen ist ja, wie ich finde, wie eine Werkzeugbox, wo eigentlich alles drin ist, was man braucht und auch viele Materialien. Und ich habe ganz tolle Sachen bekommen! Also ich habe einen Aufruf gestartet, und von der Whiskey-Dose bis zur Zigarrenschachtel ist bei mir gelandet. Natürlich auch klassische Nähkästchen, die man so aufziehen kann. Und für die meisten ist das Nähkästchen ein sehr auch emotional besetzter Gegenstand. Weil es oft geerbt ist, oder aus dem Flohmarkt, oder man hat was übernommen. Und das ist natürlich auch sehr schön. Und viele Kinder kriegen ja auch einen Zugang eigentlich zu diesen Dingen, indem sie mit dem Nähkästchen spielen. Ganz viele machen das: Mit Knöpfen spielen, mit Fäden spielen, mit Garn. Und ich finde, das ist eigentlich eine sehr schöne Tradition, dass man so spielerisch an die Dinge herangeführt wird.

Gabriele Brandhuber

Oh, ich kann das so nachvollziehen! Ich erinnere mich noch genau an die Schublade meiner Großmutter, wo meine Großmutter die Stopfgarne und den Stopfpilz drinnen gehabt hat und ein paar Nähgarne und so ein paar Stoffreste. Jetzt wo sie das so erzählen, habe ich das ganz genau vor Augen. Und ich habe mir ja überlegt, mein Nähkästchen nach Wien zu schicken, aber es geht leider nicht, ich brauche es fast täglich. Ich kann mich nicht davon trennen. Es ist so ein Stück, das könnte ich jetzt nicht für Wochen weggeben. Weil ich eben sehr viel handarbeite. Ich finde das schön, dass Sie da die Gelegenheit geben, das auch auszuprobieren. Ich kenne viele Leute, die das bedauern und bejammern, dass in den Schulen kein Handarbeitsunterricht mehr stattfindet und Kinder und Jugendliche das nicht mehr lernen. Aber ich kenne auch viele Erwachsene, die den Handarbeitsunterricht schrecklich gefunden haben und einen Graus, wenn sie da Socken stricken mussten.

Tina Zickler

Aber das lag sicherlich an den Lehrerinnen. Ich glaube, manchen fällt es halt schwer, und wenn man dann natürlich die Kinder runtermacht und ihnen das Gefühl gibt, sie sind Totalversager, weil es ihnen das nicht liegt, das ist natürlich grausam. Ich kenne auch sehr viele Leute, die nahezu traumatisiert sind vom Handarbeitsunterricht. Tja, ich bin keine Lehrerin, Gott sei Dank. Aber ich glaube, das könnte man sicherlich spielerisch machen.

Gabriele Brandhuber

Ach, das ist doch schön! Vielleicht ist gerade das re:pair Festival auch ein Ort, wo Menschen, die schon lange keine Nadel mehr in die Hand genommen haben, das jetzt einfach mal ausprobieren können, so spielerisch. In einem von diesen Workshops von RESI, die eben Visible Mending machen. Das ist doch gut. Wo finde ich denn die Informationen, wenn ich da hingehen möchte. Oder wie läuft das ab? Muss ich mich da vorher anmelden? Muss ich ein Ticket buchen?

Tina Zickler

Wir haben ganz bewusst dieses Mal darauf verzichtet. Es gibt keine COVID Verordnungen mehr, und aus dem heraus haben wir einfach gesagt: Alle, die wollen, sollen kommen. Weil sonst ist es auch häufig so: Die Leute melden sich an und kommen nicht. Andere denken dann: Oh, der Kurs ist ausgebucht! Dabei kommt wieder ein Drittel nicht. Und um dem Effekt aus dem Weg zu gehen, gibt es praktisch nur bei einem einzigen Workshop die Notwendigkeit, sich anzumelden, weil da die Plätze begrenzt sind. Da gibt es einen Workshop von Walter Bruno Brix, wo man einfach die Sashiko ausprobieren kann. Das ist am Sonntag, den 22. Oktober. Aber sonst einfach vorbeikommen, mitmachen, vielleicht manchmal ein bisschen Geduld mitbringen. Aber ich glaube, das klappt gut und das macht einfach großen Spaß.

Gabriele Brandhuber

Bei den Vorträgen ist da auch freier Eintritt und es können so viele kommen wie wollen? Gibt es denn genug Plätze? Also 100, 200?

Tina Zickler

Es gibt auf jeden Fall genügend Plätze. Das ist kein Problem. Es sind ja sehr unterschiedliche Vorträge, drei verschiedene Locations, und ich denke, wir werden überall genügend Platz haben. Und alle sollen kommen, die Interesse haben. Ich freue mich sehr.

Gabriele Brandhuber

Sehr gut. Alle Informationen findest du auf repair-festival.wien. Also wenn du in der Nähe von Wien lebst, in Wien oder Wien Umgebung, dann schau unbedingt vorbei beim re:pair Festival. Ich wünsche euch ganz, ganz viel Erfolg mit dem diesjährigen re:pair Festival! Dass alles glatt geht, dass die Plakate noch rechtzeitig gedruckt werden können und werde versuchen vielleicht einmal vorbeizuschauen.

Tina Zickler

Vielen herzlichen Dank. Die Plakate hängen schon, nur die Platten für die Ausstellung, aber das werden wir auch noch schaffen. Und ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns mal persönlich kennenlernen. Vielen herzlichen Dank.

Interview mit Serafina Spatt

Gabriele Brandhuber

Was bedeutet Visible Mending?

Serafina Spatt

Visible Mending ist die sichtbare Reparatur von Kleidung. Und die Technik ist eigentlich, das sind die ganz klassischen Stopf-und Sticktechniken, wie sie viele von uns schon kennen. Und das Besondere ist eben, dass die Reparatur sichtbar wird. Und dass man quasi jedes Loch, jeden Riss, jeden Fleck nutzen kann und etwas Neues daraus macht. Also dass man die Reparatur in einem positiven Aspekt sieht.

Gabriele Brandhuber

Man sieht es ja ganz wunderbar an diesem weißen Pullover da. Was ist mit der Schulter passiert?

Visible Mending am Schneiderei Markt (c) Helga Neubauer
Visible Mending am Schneiderei Markt (c) Helga Neubauer
Serafina Spatt

Da waren ein paar Maschen offen und es waren kleine Mottenlöcher, und das wurde gewebt. Also mit der klassischen Stopftechnik, mit der Webtechnik, wurde der Pullover repariert.

Gabriele Brandhuber

Also es geht ja im Grunde darum, das Leben dieser Dinge zu verlängern.

Serafina Spatt

Ja, auf jeden Fall. Also das ist unser Ziel auch mit RESI Slow Fashion, dass wir die Lebensdauer von Kleidungsstücken wirklich verlängern. Weil wenn wir uns anschauen in Österreich, glaube ich, landen mittlerweile über 200.000 Tonnen Kleidung im Abfall.

Serafina Spatt

Pro Jahr?

Serafina Spatt

Pro Jahr, jährlich, genau. Das ist eine wirklich große Summe. Und ich glaube es ist wichtig, dass wir in Zukunft von einem linearen System auch in Bezug auf Textilien zu einem Kreislaufsystem kommen, also immer mehr im Gedanken der Kreislaufwirtschaft denken. Und da ist Reparatur ein großer wichtiger Aspekt.

Gabriele Brandhuber

Also es gibt ja eigentlich schon seit langer Zeit diese Kunststopfereien. Es gibt sie immer noch! Es gibt wenige Kunststopfereien, aber es gibt sie noch. Da geht es im Grunde darum, dass man möglichst unsichtbar flickt. Dass man nicht sehen soll, dass da jemals ein Loch war. Jetzt ist ja das das krasse Gegenteil: Ihr repariert etwas, in einer Kontrastfarbe, das sticht heraus. Das ist ja im Grunde ein Statement, was ich da setze.

Serafina Spatt

Ja, auf jeden Fall. Wir sehen das schon auch ein bisschen als politisches Statement, weil man eben die Reparatur bewusst sichtbar macht und das Thema positiv besetzt. Also es ist nichts, was man verstecken muss und nicht sehen darf, sondern man will es sehen. Es ist auch sehr schön, und es macht so viel mehr Spaß, und man kann auch kreativ sein. Und das Schöne ist eigentlich, wir verwenden bei der Stickerei fünf Basic Stickstiche, mehr sind es eigentlich nicht. Und bei den Stopftechniken gibt es drei Grundstopftechniken und mit denen kann man unendlich viel machen. Und man hat unendlich viele Möglichkeiten, nur weil man die Farbe ändert.

Gabriele Brandhuber

Es erinnert mich ein bisschen an diese japanische Herangehensweise. Vielleicht kennen das einige, wenn man zerbrochene Keramikgegenstände mit Gold wieder zusammenflickt, weil die Philosophie dahinter ist: Es ist noch wertvoller und noch schöner, weil es schon mal kaputt war. Weil es eine Geschichte mitbringt, dieses Kleidungsstück in dem Fall, oder dieser Gegenstand.

Serafina Spatt

Genau. Man nutzt das Loch, den Fleck, und sieht nicht, dass al etwas Negatives, sondern macht etwas Neues daraus. Also dieses Kleidungsstück wird nicht nur repariert, sondern man hat ein neues Design, also ein Redesign von dem Kleidungsstück. Wir haben auch eine Kooperation mit dem babäm! Second Hand Shop in der Lindengasse: Da reparieren wir Second Hand Stücke die gespendet worden sind, die kleine Löcher haben, kleine Flecken haben aber eigentlich sonst noch gut erhalten sind, schöne Stücke sind. Die reparieren wir sichtbar, und das werden dann eben Unikate. Also Second Hand Unikate, und das macht es ganz spannend.

Gabriele Brandhuber

Du sprichst immer von „wir“, weil du machst das nicht alleine sondern…?

Serafina Spatt

Genau, also ich mache das mit der Alina Saavedra Santis gemeinsam. Wir sind zu zweit.

Gabriele Brandhuber

und wie habt ihr beide euch gefunden?

Serafina Spatt

Wir kennen uns schon sehr lange. Wir waren gemeinsam in der Volksschule und haben uns dann im Gymnasium wiedergetroffen, und haben schon mehrere Projekte gemeinsam gemacht. Auch im Privaten, dieses Visible Mending, machen wir schon seit mehreren Jahren gemeinsam. Und vor circa zwei Jahren ist die Idee zu RESI Slow Fashion entstanden.

Gabriele Brandhuber

Habt ihr einen textilen Hintergrund? Habt ihr was in der Art gelernt oder eine Ausbildung gemacht?

Serafina Spatt

 Meine Kollegin, die Alina, ist Schneiderin und arbeitet auch schon sehr lange in dem Bereich. Und ich komme eigentlich aus der theoretischen Richtung. Ich habe einen Master in Global Studies gemacht und habe mich aus der Richtung mit Slow Fashion beschäftigt. Und das Visible Mending mache ich schon sehr lange nebenbei.

Gabriele Brandhuber

Ja, das trifft sich ja wunderbar. Dieser globale, also einerseits lokal, global, Nachhaltigkeit mit der Schneiderei. Das ist großartig. Ihr gebt ja Kurse für Erwachsene, aber auch in Schulen. Man kann euch buchen für Kurse für Schulklassen. Da kann man es lernen, wie man es macht. Und wenn man es nicht selber lernen will, dann kann man auch die Sachen zu euch bringen und ihr stopft das. Wer ist die Kundschaft? Wer bringt da Sachen zu euch? Sind es Junge, Alte, Dicke, Dünne?

Serafina Spatt

Wir haben einen Pop-Up-Shop in der Zollergasse. Dort bieten wir Workshops an. Wir haben mittlerweile wöchentliche Workshops dort. Und wir machen auch Reparaturservice. Und es ist schwierig zu sagen, aber es kommen ganz unterschiedliche Leute. Bei den Workshops sind schon vorwiegend Frauen. Es kommen manchmal Männer. Wir freuen uns auch, wenn zukünftig mehr Männer kommen. Aber es ist einfach schön, weil es von der Studentin bis zur Pensionistin schon unterschiedliche Leute aufeinandertreffen und dann gemeinsam am Tisch reparieren. Das ist eigentlich ganz spannend.

Gabriele Brandhuber

Dann bedanke ich mich sehr herzlich bei dir für deine wunderbare Arbeit für das Statement-Setzen und wünsche dir weiterhin viel Erfolg.

Serafina Spatt

Danke.

RESI -Serafina Spatt und Alina Saavedra Santis (c) Textilportal
RESI -Serafina Spatt und Alina Saavedra Santis (c) Textilportal

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