Aktualisiert am 18. Mai 2024.
Eigentlich ein ganz tolles, robustes, wasserfestes Material, wurde Hanf von anderen Fasern wie Sisal und Jute verdrängt, politisch geächtet und stigmatisiert. Wir entdecken in dieser Folge den Hanf als Faserpflanze neu, und sind begeistert.
Hanf ist eine alte Nutzpflanze, die sich von Ostasien aus fast auf die ganze Welt verbreitete. In Europa gab es Hanftextilien schon vor mehr als 5000 Jahren, Hanfsamen fanden sich sogar in Wikingergräbern als Beigaben.
Obwohl Hanf so vielseitig verwendet werden kann wie kaum eine andere europäische Nutzpflanze, und obwohl mittlerweile 52 Nutzhanf-Sorten in Europa zugelassen sind, die so gut wie keine berauschenden Inhaltsstoffe enthalten, leidet Hanf immer noch unter seinem schlechten Ruf als „Drogenpflanze“.
Nach kurzen Hochzeiten in den beiden Weltkriegen, als tropische Fasern nicht und Chemiefasern noch nicht verfügbar waren, ging die Hanfproduktion Westeuropa in den 1950er-Jahren fast auf Null zurück. Für den Hanfanbau in Deutschland – und sei es in einem Botanischen Garten – war bis 1996 eine Sondergenehmigung erforderlich, und auch heute muss der Anbau von Faserhanf angemeldet werden, da sich diese Sorten äußerlich nicht von THC-haltigem Hanf unterscheiden.
Mit dem neuen Interesse an nachwachsenden Rohstoffen wurde auch der Hanf in den letzten Jahren wiederentdeckt. Die schnell wachsende Pflanze könnte tatsächlich einige Probleme der Textilproduktion lösen, denn sie ist weitgehend resistent gegen Schädlinge und benötigt wesentlich weniger Wasser als Baumwolle. Dabei liefert Hanf höhere Erträge und verbessert mit seinen langen, verzweigten Wurzeln sogar den Boden.
Planen, Segel und Feuerwehrschläuche, Fischernetze und Säcke wurden bis ins frühe 20. Jahrhundert aus der Bastfaser gefertigt. Besonders in der Seefahrt war Hanf lange Zeit unersetzlich: Segel und Taue bestanden bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts fast ausschließlich aus Hanf, denn die Faser ist nicht nur besonders reißfest, sondern auch besonders feuchtigkeitsbeständig.
Aber auch weiche, feine Stoffe können hergestellt werden, wenn die langen Fasern aufgespalten, “kotonisiert” werden. Neben den Fasern liefert Hanf ölhaltige und eiweißreiche Samen, die als Viehfutter oder Nahrungsmittel geeignet sind. Das zellulosehaltige Innere der Stängel kann zu Zellstoff, Viskose oder Papier weiterverarbeitet werden, eignet sich aber auch als Dämmmaterial und Einstreu.
Kurzum: Hanf ist eine genügsame Pflanze mit tollen Eigenschaften und mit einer günstigen Ökobilanz, die durch ihre Ächtung als Drogenlieferantin leider zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist.
- Jack Herer: Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf, Cannabis, Marihuana. Hrsg. Mathias Bröckers, Frankfurt/Main 1993. „Klassiker“ der Hanfliteratur mit nicht immer verlässlichen Informationen.
- Martina vom Blog “Machwerke” hat alte Feuerwehrschläuche zu Taschen verarbeitet.
- Papiermühle Mörzinger im Waldviertel, Niederösterreich
- Preist die ökologischen und technischen Vorteile des Hanfanbaus an: Europäisches Leinen und Hanf
- Bezugsquelle in Österreich: Biostoffe.at hat Hanf-Canvas, Webstoffe, Chambray, Strick-Jersey aus Rumänien, Frankreich und der Türkei im Programm: https://www.biostoffe.at/hanf
- Bezugsquelle in Deutschland: Lebenskleidung hat Jersey und Sweat aus Portugal: https://www.lebenskleidung.com/de/bio-stoffe-kaufen/hanf-bio-stoffe
- Danish Pur mischt teilweise mit Wolle: https://danischpur.de/collections/wolle-hanf-und-reiner-hanf-1
- “Zieh Lein” in der Schweiz fördert den Anbau von Flachs im Hausgarten (aber bitte nicht Hanf!)
- Hanfmuseum in Berlin
- Unsere Podcastfolge Nr. 6 zum Thema Leinen zum Weiterhören!
- 00:01:15 Anwendungsbereiche von Hanf: robust, wasserfest, Segelschiffe und Papierherstellung
- 00:08:33 Grobe und feine Verarbeitung von Hanf-Fasern
- 00:17:15 Verarbeitung wie Leinen: Röste, brechen,
- 00:20:37 1930er: Hanf wurde politisch verpönt, 1960er: Öko-Revival; Faser-Hanf und Wirkstoff-Hanf
- 00:28:10 Hanf hat eine tolle Öko-Bilanz!
- 00:31:20 Bezugsquellen für Hanfstoffe
Gabriele
Herzlich willkommen, Constanze. Schön, dass du wieder da bist.
Constanze
Hallo.
Gabriele
Wir sprechen ja heute über Hanf. Und ich muss gleich ein bisschen teasern, oder ein bisschen vorwegnehmen. Mir war nicht bewusst, welche politische Tiefe das Thema Hanf hat, ganz ehrlich. Aber dazu werden wir später kommen. Starten wir mal mit der ersten Frage: Für welche Textilien oder Anwendungsbereiche wurde und wird denn Hanf eigentlich verwendet?
Constanze
Hanf ist im Grunde so eine universelle Faser, ähnlich wie Leinen auch. Und wurde auch in Asien und Europa schon seit Tausenden von Jahren zu Textilien verarbeitet. Und man hat auch in irgendwelchen Wikingergräbern Hanfsamen gefunden, so als Grabbeigabe. Also das ist wirklich etwas, was überall angebaut wurde, auch in Westeuropa, und vor allem für Textilien verwendet wurde, die sehr haltbar sein mussten. Also zum Beispiel für Segel und Tauwerk. Also so Hanfseile, das kennt man heute ja vielleicht auch noch so aus der Turnhalle. Diese fürchterlichen Seile, an denen man manchmal hochklettern musste.
Gabriele
Oh Gott!
Constanze
Ich glaube, das war aus Hanf. Also Segel, Tauwerk, Fischernetze, weil Hanf auch sehr gut mit Feuchtigkeit klarkommt und nicht sofort verrottet. Robuste Stoffe für Arbeitskleidung, Verpackung, Feuerwehrschläuche wurden aus Hanf hergestellt.
Gabriele
Tatsächlich? wurden die dann irgendwie innen noch ausgekleidet mit irgendwas Wasserfestem? Oder waren die einfach so dicht gearbeitet?
Constanze
Ich glaube, die waren so dicht, dass die dann ausreichend wasserfest waren, bevor man halt Kunststoffe hatte. Ich weiß jetzt gar nicht, woraus heutzutage Feuerwehrschläuche sind. Aus irgendwas, was nicht brennt, nehme ich an.
Gabriele
Das müsste man Martina “Machwerke” fragen, die nämlich sehr gerne Taschen aus alten Feuerwehrschläuchen herstellt.
Constanze
Da musste ich auch gerade dran denken, und habe mir jetzt überlegt, was das eigentlich ist: Ob das gewebt ist, oder ob das mehrere verklebte Schichten sind, dieses Material. Aber bevor man so was hatte, war es halt aus Hanf.
Gabriele
Spannend, dass es auch so schlauchförmig gewebt wurde. Offensichtlich. Oder schlauchförmig verarbeitet.
Constanze
Ja, also eine Naht hatten die glaube ich nicht. Das wurde gewebt. Das wäre ja vielleicht auch mal was für eine Podcastfolge, wenn man mal über diese Frage nachdenkt: Wie wurden früher eigentlich Feuerwehrschläuche hergestellt? Da tut sich ein ganzes Universum auf.
Gabriele
Ja, wahrscheinlich. Oder vielleicht rundgestrickt. Ich könnte mir/ also ich fantasiere jetzt: rundgestrickt und dann mit irgendwelchen Harzen verklebt, damit sie vielleicht ein bisschen wasserdichter werden oder so.
Constanze
Ja, das könnte sein. Oder mit Kautschuk oder so was, das hatte man ja dann auch schon im 19. Jahrhundert auf jeden Fall.
Gabriele
Apropos wasserdicht, oder wasserfest: Ich als begeisterter Seglerin habe auch ein bisschen nachgelesen, und habe dann/ das fand ich total spannend! Also im Segeln natürlich, also diese ganzen Seilereien und so weiter, das waren hauptsächlich Hanffasern, weil die viel weniger schnell verrotten als Leinen. Also die sind haltbarer als Leinen. Und saugen sich aber auch nicht so mit Wasser voll wie das Baumwolle tun würde. Und da habe ich gelesen, das ist voll spannend! Für ein normales Segelschiff wurden etwa 50 bis 100 Tonnen Hanffasern benötigt, nämlich für die Leinen, aber auch für die Segel. Und die Materialien wurden durchschnittlich alle zwei Jahre ersetzt. Also wenn man sich vorstellt, wie viele Segelschiffe damals unterwegs waren, und wie viel Hanf die/ pro Schiff 50 bis 100 Tonnen! Das ist ein unglaublicher Umsatz dann gewesen, früher, also für die Schifffahrt zum Beispiel.
Constanze
Genau. Da gibt es auch noch wirtschaftsgeschichtlich ganz interessante Sachen, weil ja so viel Hanf in Westeuropa auch im 17., 18., 19. Jahrhundert gar nicht angebaut werden konnte, um diesen Bedarf zu decken. Der kam hauptsächlich aus Russland. Und dann war zum Beispiel das Problem, dass zur napoleonischen Zeit mit der Kontinentalsperre Großbritannien von diesem Hanfnachschub abgeschnitten war. Die hatten einen großen Seilbedarf eben für ihre Marine und haben das Zeug aus Russland dann nicht mehr importieren können. Und da kam es dann, dass man sich auf seine Kolonien besonnen hat, und dass es auch so Fasern wie Jute und Sisal gibt, aus denen man auch Seile machen kann. Und da musste aber erst mal dieser Anbau in den Kolonien, dieser Fasern, in Gang kommen. Und das hat dann auch zum Niedergang des Hanfes in Europa beigetragen, weil man danach dann, als praktisch so eine Jute- und Sisal-Industrie schon etabliert war, es günstiger war, diese Fasern aus den eigenen Kolonien zu importieren, als dann wieder europäischen oder russischen Hanf zu kaufen. Das ist ganz interessant, wie dann so politische Gegebenheiten dann auch dazu führen, dass manche Fasern auch so ein bisschen ins Abseits geraten, und dann auch nicht mehr ihre alte Bedeutung zurückbekommen.
Gabriele
Ja, bei Hanf habe ich auch gelesen, das war also einerseits dann die günstigere Baumwolle und Sisal, eben hat es den Rückgang. Dann gab es irgendwann mal weniger Segelschiffe, das heißt als die Dampfschifffahrt und so weiter begonnen hat, ist auch da der Bedarf zurückgegangen.
Constanze
Und man konnte Drahtseile herstellen, auch dann irgendwann. Also das stehende Gut bei Segelschiffen – also das, was die Masten aufrecht hält, also nicht das, was bewegt wird – das ist ja heutzutage alles aus Drahtseilen. Und das hat man im 19. Jahrhundert dann auch so herstellen können nach dem Standard.
Gabriele
Ja, und in der Papierherstellung war ja Hanf früher auch ganz wichtig, bevor man dann angefangen hat, mit Holz zu arbeiten.
Constanze
Ja, genau. Also ich habe auch gelesen, dass zum Beispiel diese abgelegten Tauwerk und Segel, also alles, was abgenutzt war, dass das dann als Rohstoff auch in die Papierindustrie gegangen ist.
Gabriele
Ja, weil ja Hanf auch so wunderbar wiederverwertbar ist. Und da gibt es dieses/ Oh! Es gibt im Waldviertel ist das glaube ich, in Niederösterreich eine Papiermühle, die aus alles Alten, also aus Stoffen, also aus Hanfstoffen, aus sogenanntem “Hadern”, wie es bei uns heißt. Also aus Fetzen im Endeffekt dann noch Papier/ Aha, okay! Also der Hanf wurde nicht nur direkt für die Papierherstellung angebaut, sondern auch dann quasi recycelt. Die alten Segel und so weiter.
Constanze
Ja, genau. Weil diese ganzen Lumpen in die Papierproduktion gegangen sind. Das war natürlich auch Baumwolle und Leinen, aber eben auch Hanftextilien. Und wenn man Tauwerk ausgetauscht hat, da hatte man dann ja gleich so einen ganzen Batzen Material, der dann wahrscheinlich in größeren Mengen/ Also ich nehme an, dass die Marine dann in größeren Mengen ihr altes Tauwerk weiterverkauft hat an Papiermühlen.
Gabriele
Ja, das würde Sinn machen. Macht auch wirtschaftlich Sinn, und macht auch oh! Im Sinne einer Kreislaufwirtschaft, wie schön! Wahrscheinlich hätte man es einfach auch kompostieren können, wäre ja auch möglich gewesen. Wobei, wenn der so langsam verrottet, dann ist das vielleicht nicht die allerbeste aller Ideen, das gleich zu machen.
Constanze
Ja. Man muss auch bedenken, dass beim Kompostieren natürlich – lso aus heutiger Sicht, damals war es wahrscheinlich nicht bekannt oder auch egal – dass da halt Methan entsteht, was ja auch für das Weltklima nicht so günstig ist. Also klimaschädliches Gas. Und da ist natürlich, wenn man noch eine Verarbeitungsstufe hat, in der die Reste dann noch mal weiterleben, und gerade wenn sie hochwertiges Papier sind, auf das ein Buch gedruckt wird, dann ist das ja sowas, was für die Ewigkeit fast bestehen bleibt und nicht gleich wieder weggeworfen wird. Das ist dann wahrscheinlich klimatechnisch günstiger, als wenn es verrottet. Könnte ich mir vorstellen.
Gabriele
Gut. Also, das heißt, der Hanf wurde aber eher für grobe Textilien, die sehr haltbar sein mussten, verwendet. Habe ich das richtig verstanden?
Constanze
Ja, im Großen und Ganzen. Weil die Fasern sind auch sehr lang. Die lassen sich ähnlich wie beim Leinen wohl auch sehr fein ausspinnen. Aber da habe ich jetzt auch echt widersprüchliche Angaben gefunden, dass das teilweise auch gemacht wurde, dass man sehr feines Hanfgarn hergestellt hat und dass die entstehenden Textilien dann quasi von Leinentextilien überhaupt nicht zu unterscheiden sind. Also nur unter dem Mikroskop, wenn man sich die Fasern direkt anschaut. Also da ist vielleicht auch Vieles, was man heute so vom Griff her sagen würde: ja, das ist Leinen. Dass das vielleicht in Wirklichkeit Hanf ist. Und im 19. Jahrhundert gab es dann noch diese Technologie der Kottonisierung. Das hatten wir bei der Leinenfolge auch schon mal drüber gesprochen: Da werden diese Fasern aufgespalten in die einzelnen Zellen, und das sind dann weichere Segmente. Also die einzelnen Zellen sind auch mehrere Zentimeter lang, beim Hanf, und die können dann so ähnlich wie Baumwollfasern versponnen werden, weil sie denen auch sehr ähnlich sind, von der Struktur her. Das ist dann so eine Art Flockenbast. Das wurde auch als “Hanfwolle” bezeichnet. Das war wohl in den 1910er und 20er Jahren auch sehr verbreitet als Bekleidungsstoff. Dass man daraus dann Stoffe gewebt hat, auch gerne in Mischung mit Wolle.
Constanze
und wie das heute mit Hanftextilien ist, da muss ich schon auch ziemlich drüber nachdenken, bis mir überhaupt irgendwas einfällt. Es gibt natürlich bei Biostoff-Anbietern mittlerweile wieder Hanfstoffe. So Hosenstoffe, oder auch in Mischung mit Wolle. Und das sind auch/ also sieht wunderschön aus. Aber ich muss ehrlich sagen, ich habe das noch nie in der Hand gehabt, in echt und vernäht. Hast du schon mal richtigen Hanfstoff in der Hand gehabt?
Gabriele
Nein, hab ich nicht, aber ich habe jetzt große Lust – nach der Recherche jetzt extrem große Lust bekommen, den zu verwenden und das mal auszuprobieren.
Constanze
Ja, ich auch!
Gabriele
Ja, weil gerade bei Biostoffe.at/ wir werden dann am Ende noch ein paar Anbieter sagen, wo wir was gefunden haben. Also die österreichische Firma, die in Wien sitzt und ein sehr, sehr großes Lager hat, die haben nämlich alles Mögliche: Die haben sowohl Canvas. (Wobei zu “Canvas” musst du dann noch was sagen.) Also die haben eben so eher feste Stoffe für Taschen. Die haben aber auch einen Chambray, und die haben auch Viskosestrick, also Strickstoffe aus Hanf. Und das fand ich jetzt extrem spannend, weil es gar nicht teurer ausgeschaut hat als Baumwollsachen, aber halt – und da kommen wir dann auch noch dazu – aber von der Nachhaltigkeit, oder von dem, was Hanf einfach im Gegensatz zu Baumwolle für Vorteile hat, einfach großartig ist. Also ich fürchte, ich muss mir jetzt einfach mal zwei, drei Meter Hanfstoffe bestellen. Um da Shirts draus zu nähen und das einfach mal auszuprobieren. Weil ich habe mit Hanf tatsächlich keine Erfahrung. Und es war mir auch, vor dieser Folge jetzt, gar nicht bewusst, was das für ein cooles Material sein muss.
Constanze
Ja genau, mir geht es nämlich genauso. Ich habe das auch festgestellt, dass Hanfstoffe eigentlich auch nicht teurer sind als Biobaumwolle. Und die sollten ja einiges haltbarer sein, auch sogar als Baumwolle. Und vom Wasser- und Pestizid- und Sonstwas-Bedarf, also vor allem vom Wasserbedarf her ist Hanf einfach wesentlich genügsamer als Baumwolle. Eben auch als Biobaumwolle.
Gabriele
Da kommen wir ja gleich dazu. Wie wird denn Stoff hergestellt? Welche Herstellungsschritte sind da nötig, vom Anbau bis zum Gewebe?
Constanze
Ja, ich kann noch mal kurz auf diesen “‘Canvas” eingehen. Da sagt man, dass das Wort Canvas angeblich von “Cannabis” abgeleitet ist, also vom lateinischen Namen des Hanfes. Das ist aber wohl nicht nachgewiesen. Es gibt so ein paar Mythen. Es gibt auch den Mythos, dass die erste Jeans, die Louis Strauß genäht hat, im Westen der USA im 19. Jahrhundert, dass die auch aus abgelegtem Segeltuch, oder aus Segeltuch aus Hanf bestand, aber das ist wohl ein Mythos. Also es waren wohl von Anfang an blaue Baumwollhosen, und das hat nichts mit Hanfstoff zu tun.
Gabriele
Aber ein schöner Mythos. Ja, okay. Also “Canvas” eventuell von Cannabis, und da
Gabriele
Aber ja, der Anbau. Anbau von Hanf.
Constanze
Ja, Anbau von Hanf scheint relativ problemlos zu sein. Hanf braucht einen relativ fetten Boden und auch eine ganz gute Düngung. Also ist da ein bisschen anspruchsvoller als Leinen, nach dem was ich gelesen habe. Es braucht aber eben erheblich weniger Wasser als Baumwolle und hat auch erheblich höhere Erträge als Baumwolle, weil man eben auch bei Hanf wirklich die ganze Pflanze nutzen kann. Das haben wir ja noch nicht gesagt, dass diese Fasern auch so eine Schicht in der Rinde bilden, und dass diese ganzen Stängel noch einen Holzkern haben, der größtenteils aus Zellulose besteht, wo man auch Viskose draus machen kann, oder wo man Papier draus machen kann, oder die man als Füllstoff für Baustoffe verwenden kann. Und dass es eben auch noch Samen gibt, die sehr ölhaltig sind, die ausgepresst werden können, die als Viehfutter dienen können. Also diese Pflanze ist so universell einsetzbar und bringt halt sehr hohe Erträge auf der Fläche.
Gabriele
Und auch ein großer Vorteil von Hanf, was ich gelesen habe: Sie wurzelt extrem tief, in bis zu 140 oder bis zu 300 Zentimeter in den Boden, also bis zu 3 Meter. Holt sich dann auch das Grundwasser von da unten und lockert den Boden auf. Und das war ein Grund, dass Hanf früher sehr gerne auf ausgelaugten oder verhärteten Böden angebaut wurde, um den Boden zu lockern. Und auch mehrjährig hintereinander da angepflanzt werden kann, und dann immer noch mehr den Boden verbessert. Damit man dann später drauf anspruchsvollere Pflanzen anbauen kann, wie zum Beispiel Getreide. Also so als Vorläuferpflanze, oder auch als Zwischenpflanze, um den Boden zu verbessern. Und auch total spannend finde ich, dass die die Hanfpflanze relativ bald ihre Blätter ausbildet und dann den Boden so beschattet, dass da überhaupt kein Unkraut kommen kann. Als es ist auch ein natürlicher Unkrautvernichter, indem sie einfach dem Unkraut rundherum das Licht wegnimmt. Total spannend.
Gabriele
Was ich als Schwierigkeit gelesen habe, gerade beim Hanfanbau ist, dass die ursprüngliche Form der Pflanze zweigeschlechtlich ist, das heißt es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Und die männlichen Pflanzen werden früher reif, und die weiblichen später. Und das hat dann bedingt, dass zwei Erntevorgänge, zwei manuelle Erntevorgänge nötig waren. Nämlich das erste hat das “Femeln” oder “Fimmeln”, weil die männlichen Pflanzen so heißen, “Femel”. Das war der erste Erntevorgang, die selektive Ernte der reifen männlichen Pflanzen. Wodurch die weiblichen Pflanzen mehr Raum auch hatten, und die Ernte vereinfacht wurde. Aber das war wohl so ein unglaublich arbeitsintensiver Vorgang, dass es vor allem in den USA eigentlich nur mit Sklavenarbeit zu bewerkstelligen war. Und als da ganz viel Hanf gebraucht wurde, dann auch große Mengen Sklaven in andere Gebiete zwangsverlagert wurden, um dort den Hanf manuell auszureißen, oder zu manuell zu ernten. Und das war dann auch ein Grund des Niedergangs von Hanf, als die Sklavenarbeit abgeschafft wurde und diese kostenlosen Arbeitskräfte nicht mehr zur Verfügung standen.
Constanze
Und es dann auch die Maschinen gab, um die Baumwolle zu verarbeiten, zu entkernen und so was. Wobei auch für Hanf Erntemaschinen entwickelt wurden. Die die Ernte vereinfacht haben und das dann gleich gebündelt haben. Aber das war dann erst im späten 19. Jahrhundert, als man, glaube ich, auch schon Faserhanfsorten hatte, die zweigeschlechtlich sind. Wo man das Problem nicht mehr hatte.
Gabriele
Genau, wo es dann Neuzüchtungen gab, wo man eben männliche und weibliche Pflanze in eine vereint hat, die aber angeblich sehr viel weniger Ertrag bringen als die als die zwei-geschlechtlichen Pflanzen.
n könnte und es diese Strukturen gäbe.
Gabriele
Ich könnte mir vorstellen, dass auch hier, wie beim Leinen, der Engpass ist; Spinnereien, die diese langen Fasern verspinnen können. Und soweit ich gelesen habe, werden auch diese Abfallprodukte gerne verwendet als Dämm-Materialien im Hausbau, oder auch als Einstreu. Also jeder Teil dieser Pflanze kann verwendet werden. Und ist dann auch anschließend kompostierbar, weil die Pflanze halt/ ja, ist halt eine Pflanze. Wenn man die nicht noch irgendwie furchtbar giftig überfärbt, oder irgendwie nachbehandelt und ausrüstet mit irgendwelchen wasserabweisenden Teflon-Beschichtungen oder so, dann kann man das auch einfach kompostieren und dem Kreislauf wieder zuführen.
Gabriele
Wie gesagt, ich bin ein kleiner Hanf-Fan gerade geworden und ich habe ein bissel nachgeschaut, wo es welche zu kaufen gibt. Online kann ich auf jeden Fall biostoffe.at empfehlen. Die haben irgendwas um die 70 verschiedene Produkte, also in verschiedenen Farben. Ich glaube es waren so fünf, sechs verschiedene Stoffqualitäten: Einmal Jersey, einmal Canvas, einmal Webstoff, einmal Strick. Und dann verschiedene Farben. Aus französischer, portugiesischer und… rumänischer Produktion, oder von Firmen. Da kann man sich mal umschauen. Den Link packe ich einfach in die Shownotes. Und auch bei Lebenskleidung, die wir schon mal erwähnt hatten, in Deutschland.
Constanze
Genau. Und in Deutschland habe ich noch gefunden “Dänisch pur”. Das ist auch so ein Biostoff-Anbieter. Die haben auch relativ viele Hanfstoffe, auch verschiedene Qualitäten. Also als Chambray bzw. Twill. Also was eher so eine festere Hosenstoff-Qualität ist, aber auch Jersey und Strick. Und die haben auch Mischungen mit Wolle. Das soll besonders vorteilhaft sein, dass man Hanf und Wolle zusammen verarbeitet, weil das dann eben wärmend und ein bisschen elastisch, aber auch sehr haltbar ist. Also dass sich die Eigenschaften der Fasern sehr gut ergänzen.
Gabriele
Ja und man nicht ein Lycra rein machen muss, um es elastisch zu kriegen.
Constanze
Genau. Sondern dass das die Wolle so mitbringt, dass das nicht ganz unelastisch ist.
Gabriele
Sehr spannend. Ein kleines Detail möchte ich noch anfügen. Gutenberg druckte 1455 seine Gutenberg-Bibel auf Hanfpapier
Constanze
Ja, bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war ja eigentlich alles Papier aus einem textilen Grundstoff. Also aus diesen Lumpen, wie wir am Anfang schon erzählt haben. Und dann kam erst das holzhaltige Papier.
Gabriele
Das war mir auch ganz lange Zeit nicht bewusst. Dieses Hadern-Papier, von dem habe ich schon mal gehört, und dann dachte ich: Ah, das ist ja spannend! Da werden Stoffe zu Papier verarbeitet. Aber das das ja auf Pflanzenbasis ist, also eigentlich Zellulosebasis, und auch diese Stoffe auf Zellulosebasis sind. Und wie eng dann Papier und Stoff eigentlich aneinander grenzen. Das habe ich auch erst jetzt realisiert.
Constanze
Ja, ich bin in Sachen Papier gerade ganz frisch informiert, weil ich von Balzac den Roman “Verlorene Illusionen” gelesen habe, vor Kurzem. Und da kommt diese Erfindung des holzhaltigen Papiers ganz prominent vor. Also die eine Hauptfigur forscht daran, dass man Holzschliff auch zu Papier verarbeiten kann, und muss dann da im Geheimen ganz viele Experimente machen, wie man das dann leimt. Und wie man dann Endlospapier, also nicht Bögen, sondern Rollenpapier herstellt. Das ist da alles wunderbar beschrieben. Diese Entwicklung der Drucktechnologie.
Gabriele
Spannend.
Constanze
Ja, fand ich auch.
Gabriele
Okay. Also zum Abschluss dieser Folge: Was wollen wir denn den Hörerinnen mitgeben?
Constanze
Macht euch von Euren Hanf-Vorurteilen frei! Also ich habe mich gerade von meinen Vorurteilen befreit, jetzt bei der Recherche. Und das ist ein schönes Ergebnis.
Gabriele
Ja, genau. Es gibt tolle Hanf-Stoffe, jetzt wieder – wahrscheinlich seit relativ kurzer Zeit – , die auch nicht zu diesen ganz Öko-Touch haben. Und wer einen landwirtschaftlichen Betrieb hat und experimentierfreudig ist, könnte das ja mal einsetzen. Es gibt 52 Nutzhanf-Sorten in der EU, die zum Anbau erlaubt sind. Ich müsste mich jetzt mal erkundigen, wie das wirklich ausschaut, ob das anmeldepflichtig ist. Das wäre noch interessant für die Landwirtschaft.
Constanze
Ja, in Deutschland schon. Nach dem, was ich gefunden habe.
Gabriele
Als Landwirt das anmelden muss, dass man diese und jene Sorte Hanf anbaut.
Constanze
Ja wahrscheinlich. Nicht, dass man das macht, und dann hat man den Polizeieinsatz unnötigerweise.
Gabriele
“Nein! Ich rauche das nicht! Ich trage es am Körper!” Also ich glaube, im Unterschied zu Leinen, wo wir ja letztens gesagt haben, wo es so Initiativen gibt, die Flachspflanze auch wieder im Hausgarten anzubauen. Mit “Zieh Lein” und so, in der Schweiz. Ich glaube, das können wir jetzt nicht unbedingt empfehlen, den Hanf im Hausgarten anzubauen. Das würde wahrscheinlich seltsame Blicke auf sich ziehen.
Constanze
Ja, und Probleme verursachen. Und vielleicht als Tipp zum Schluss noch: In Berlin gibt es ein Hanfmuseum. Ich habe das selbst noch nicht besucht, das habe ich auch jetzt erst gefunden. Da wird wohl auch sehr viel zur Geschichte und Kultur der Hanfpflanze, also nicht nur in textiler Hinsicht, auch in anderer Hinsicht, auch als Heilmittel zum Beispiel, darüber haben wir ja jetzt gar nicht so groß gesprochen, das wird dort gezeigt.
Gabriele
Ok. Das Hanfmuseum, das packen wir auch noch in die Shownotes, damit man sich dorthin wenden kann. Ja, wunderbar. Also, das war eine der Folgen, wo jetzt wirklich/ Das war so augenöffnend! Einerseits wie toll diese Pflanze ist, was die für tolle Eigenschaften hat. Aber auch dieses ganze Politikum rund um diesen Hanf war mir in der Tragweite gar nicht bewusst. Voll spannend.
Super! Vielen herzlichen Dank, liebe Constanze, für diese tolle, tolle Folge Und bis bald wiedermal.
Constanze
Ja. Bis bald.
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