Das Textilportal Magazin

Nachhaltige Wolle-Marken (Podcast #013)

·

·

,

Aktualisiert am 18. Mai 2024.

Welche Wolle-Marken kann ich guten Gewissens kaufen? Welche Kriterien kann ich meiner Kaufentscheidung zugrundelegen?

In dieser Podcastfolge habe Kathi Wessely zu Gast, die Inhaberin des Wollgeschäftes Woll-Habitat am Aumannplatz im 18. Wiener Gemeindebezirk. Das Wollhabitat ist ein auf nachhaltige Wolle und Garne spezialisiertes Wollgeschäft. Wir sprechen darüber, nach welchen Kriterien Kathi die Wolle für ihr Geschäft auswählt.

  • 0:00:55 Wie kam es zur Eröffnung ihres Wollgeschäftes?
  • 0:06:25 Nach welchen Kriterien wählt Kathi die Woll-Marken aus?
  • 0:17:05 seltene europäische Schafrassen und das Thema “kratzig”
  • 0:22:20 Wie kann ich als Konsumentin erkennen, was richtig gute Wollmarken sind?
  • 0:25:55 Welche Marken kann Kathi empfehlen?
  • 0:33:22 Veranstaltungen im Woll-Habitat
  • 0:34:55 Schlusswort
Gabriele

Sag mal, wie ist es eigentlich? Wie kommt man darauf, ein Geschäft zu eröffnen? Das macht jetzt auch nicht jeder jeden Tag.

Kathi

Es denken schon viele meiner Kundinnen immer wieder darüber nach. Höre ich zumindest immer wieder. Und bei mir war es ein bisschen ähnlich. Also ich stricke schon seit immer. Manchmal mehr, manchmal weniger. Und habe dann eine Zeit lang eine recht stressige Arbeit gehabt, und habe da immer mehr und immer mehr gestrickt, zur Stressbewältigung. Und dann parallel dazu angefangen, mich auch mehr dafür zu interessieren, wo die Wolle eigentlich herkommt, die ich verarbeite. Und das war auch die Zeit, wo gerade diese europäischen kleineren Firmen neu gegründet worden sind, die ziemlich coole Wolle gemacht haben, die ich ausprobieren wollte. Und da habe ich verschiedene Sachen ausprobiert, die man jetzt nicht überall bekommt. Und genau: Die bekommt man dann nicht überall. Und das war dann manchmal wirklich schwierig diese Sachen zu finden, von denen in den ganzen Zeitschriften immer die Rede war, oder von denen ich im Internet gelesen habe. Und dann habe ich das halt hin und wieder online bestellt. Das ist aber bei Wolle einfach schwierig.

Gabriele

Schwierig weil?

Kathi

Zum einen wegen der Haptik: Man kann das nicht angreifen. Man weiß eben vorher nicht: Wird einem das gefallen oder nicht? Aber auch wenn man jetzt die Wolle schon kennt, ist es mit den Farben einfach am Computerbildschirm immer schwierig. Die werden einfach nicht korrekt dargestellt. Es ist ein bisschen ein Glücksspiel, ob man dann das bekommt, was man eigentlich haben möchte.

Gabriele

Mhm. Ich verstehe das total gut. Ich müsste mal nachdenken, ob ich überhaupt schon mal online Wolle bestellt habe. Ich geh einfach am allerliebsten in die Wollgeschäfte hier bei uns in Graz. Einfach das Anfassen von dieser Wolle. Oder halt auch dann zwei Farben nebeneinander halten können. Oder dann zu überlegen, ob die Stärke wirklich passt für das Projekt, das ich mir vorgenommen habe. Wenn das vor Ort jemand hat und ich das anschauen kann und angreifen kann, ist das einfach viel schöner.

Kathi

Ja, auch so Sachen, wie die Verzwirnung von der Wolle. Wie elastisch ist die? Wird sich das ausdehnen oder nicht? Stricken oder auch Häkeln sind einfach sehr haptische Angelegenheiten. Und da kann ich noch so sehr mich bemühen im Onlineshop das zu beschreiben, wie sich die Wolle anfühlt und wie sie gemacht ist, aber es ist nicht dasselbe. Und gerade mit den Farben, was passt zusammen, was passt nicht zusammen? Was steht mir auch? Was passt? Welcher Blauton passt zu meiner Jeans?

Gabriele

Ja genau. Aus dem Grund habe ich auch meist die Kleidungsstücke mit, zu denen ich das dann kombinieren mag.

Kathi

Genau. Dann fand ich das frustrierend, dass ich da die Sachen immer online [bestellen muss], weil ich auch eigentlich nicht gerne im Internet einkaufe. Das finde ich keinen tollen Zeitvertreib, prinzipiell. Vor allem nicht im Vergleich zu: in einem Wollgeschäft stehen und alles angreifen können. Und dann habe ich mir irgendwann gedacht: Ja sapperlott! Wenn es das nicht gibt, dann mache ich das halt selber! Und von dem Gedanken bis zur Umsetzung hat es noch ein paar Jahre gedauert. Aber irgendwann war es dann so weit, dass ich das Geschäft am Aumannplatz eröffnet habe.

Gabriele

Ich glaube, 2018 hast du das eröffnet. Und wie viel vorher war das, dass du diese europäischen kleinen Wollfirmen entdeckt hast?

Kathi

Schon ein paar Jahre. Also genau kann ich es jetzt nicht mehr sagen, aber es waren schon ein paar Jahre, wo ich erst immer mehr mit… sage ich jetzt:  nicht 08/15 Wolle gestrickt habe. Und dann nochmal ein paar Jahre, wo ich wirklich angefangen habe, mich ernsthaft damit auseinanderzusetzen: Wie wäre das, wenn ich ein Geschäft aufmachen würde? Was muss ich dafür lernen? Wie funktioniert Buchhaltung? Wie bestellt man überhaupt Wolle? Wo bestellt man Wolle? Was sind die Bestellbedingungen bei den verschiedenen Firmen? Wie funktionieren die Preise, und alle diese Fragen.

Gabriele

Buchhaltung und Kalkulation auch, denke ich. Weil ein fixes Ladengeschäft zu betreiben heißt ja einfach auch Fixkosten, die wahrscheinlich nicht zu schmal sind, je nachdem, wo man den Standort hat. Das muss erst mal reinkommen. Ich finde, auch wenn du ein Ladengeschäft betreibst, hast du trotzdem eine schöne Website, auf der man auch einige, einige der Wollmarken, die du führst, sehen kann. Und du führst ja fast ausschließlich naturbelassene Fasern aus nachhaltiger und regionaler Produktion. Jetzt ist meine Frage: Nach welchen Kriterien wählst du denn diese Marken aus, die du da in deinem Shop führst? Also welche Woll-Brands dürfen in deinen Regalen landen, und welche nimmst du ganz sicher nicht ins Sortiment auf?

Kathi

Wie du schon gesagt hast: Ich bin auf Nachhaltigkeit spezialisiert, und dementsprechend nehme ich natürlich auch vor allem Firmen ins Sortiment, auf, denen das auch ein Anliegen ist. Ich habe nicht so gerne Sachen von Firmen, die 100.000 verschiedene Sachen haben, und darunter gibt es zwei Qualitäten, die irgendein Öko-Label haben, oder die irgendwie regional produziert sind oder so. Sondern mir ist wichtig, dass die Firma als Ganzes auch für was steht. Was mir auch wichtig ist, weil ich das als Kundin selber immer mühsam finde, wenn man immer in Geschäften so auf das Kleingedruckte schauen muss. Wenn einem das wichtig ist. Und man dann immer schauen muss: Ja, okay, in dem Geschäft gibt es nachhaltige Sachen. Aber dann ist nur die Hälfte vom Sortiment nachhaltig. Das heißt, ich muss erst recht wieder alles lesen und recherchieren und mir selber überlegen. Das wollte ich eben [für mein Geschäft] nicht. Sondern das mache ich bei der Auswahl, und die Leute können sich darauf verlassen, dass die Sachen bei mir nachhaltig sind. Das heißt natürlich Verschiedenes. Da kommen wir vielleicht eh nachher noch mal darauf zu sprechen, was das im Detail heißt. Aber was ich auch ganz wichtig finde, weil du gefragt hast: Was kommt sicher nicht rein. Es gibt so eine Baseline [Grundlinie] an Dingen, die einfach für mich nicht gehen und die man sicherlich bei mir nicht im Geschäft finden wird. Das eine ist das große Thema Mulesing. Das ist diese sehr hässliche Praxis, Schafen ein Stück von ihrem Popo abzuschneiden, wegen einem Parasiten, der nur in Australien vorkommt. Also Tierwohl ist mir generell wichtig. Und in meinem Geschäft gibt es nur Wolle, die mulesing-frei ist. Alles andere ist für mich ein No-go. Damit will ich nicht arbeiten, damit will ich auch kein Geld verdienen.

Gabriele

Und dann könnte ich mir vorstellen, sämtliche 100 % Polyester, sogenannte “Schulwolle”. Sowas wird man wahrscheinlich auch nicht bei dir finden.

Kathi

Genau das ist ein zweiter Punkt: erdölbasierte Kunstfasern. Also Polyamid, Acryl, Nylon. Das sind auch Dinge, die es bei mir nicht gibt. Nylon lässt sich in den Sockengarnen nicht immer ganz vermeiden. Wobei es da auch schon Alternativen gibt, die es auch bei mir gibt. Aber die Sockenwolle ist das einzige, wo bei mir erdölbasierte Kunstfasern drinnen sind. Sonst sind das reine Naturfasern. Oder eben Dinge wie Viskose, das zwar eine Kunstfaser ist, aber einen natürlichen Ausgangsstoff hat.

Gabriele

Vielleicht für diejenigen unter den Hörerinnen, die nicht unbedingt stricken. Es gibt ja auch welche, die weben oder nähen usw. Die Kunstfaser-Beimischung bei der Sockenwolle macht eine längere Haltbarkeit. Die soll bewirken, dass die Socken weniger schnell durchwetzen und weniger schnell Löcher kriegen. Dafür ist diese Beimischung.

Kathi

Genau. Da gibt es aber mittlerweile auch schon Firmen, die sich um Alternativen bemühen. Also entweder alternative Faserbeimischungen, zum Beispiel Ramie, das ist eine Nesselfaser, die sehr strapazierfähig ist. Oder Leinen, das auch sehr reißfest ist. Oder Mohair ist auch sehr reißfest, Also das wären Alternativfasern, oder man lässt es ganz weg. Es gibt auch ein reines Sockengarn, das einfach nur stärker verzwirnt ist. Damit ist die Wolle auch strapazierfähiger. Also es muss nicht immer Nylon drinnen sein, aber es ist einfach in Sockenwolle oft drinnen.

Gabriele

Und auch die Wolle von bestimmten Schafrassen, die einfach im Grunde robuster ist, vielleicht dann ein bisschen kratziger. Führst du solche Wolle auch?

Kathi

Ja, gerade bei den Sockenwolle ist das oft so. Das berühmte Merinoschaf ist zwar wahnsinnig weich, aber das ist einfach nicht die am besten geeignete Wolle für alles und jedes. Weil das hat sehr kurze Fasern, und damit ist es einfach weniger strapazierfähig, reißt schneller, pillt schneller als Wolle von anderen Schafen. Und deswegen ist jetzt die super kuschlige Merino-Sockenwolle…

Gabriele

Vielleicht für die Sofasocken am Abend, wenn man mit einem gemütlichen Buch oder seinem Strickzeug am Sofa sitzt und die Beine hochlagert Vielleicht ganz gut, aber nicht unbedingt in den Stiefeln für eine Bergwanderung.

Kathi

Ja, genau. Und eine dritte Sache wollte ich noch sagen zu den No-Gos, die mir nicht ins Geschäft kommen, ist nicht GOTS-zertifizierte Baumwolle. Das ist auch ein ganz wichtiges Thema, weil die Baumwollproduktion wahnsinnig ressourcenintensiv ist, sehr wasserintensiv. Und vor allem die herkömmliche [Baumwolle]. Bio-Baumwoll-Anbau verbraucht weniger Wasser als der herkömmliche Baumwollanbau. Und der herkömmliche Baumwollanbau verbraucht auch wahnsinnig viele Pestizide, weil die Baumwollpflanzen halt sehr anfällig sind. Und die Pestizide werden eben auch von Menschen dort verteilt, auch oft in Ländern, wo der Arbeitsschutz eben sehr gering ist. Und das finde ich eben sowohl aus umwelttechnischen, Umweltschutzgründen schwierig als auch aus Gründen des Arbeitsschutzes. Und das GOTS-Label sagt mir, dass die Baumwolle biologisch angebaut ist, aber auch, dass ein Mindestmaß an Arbeitsschutz, an arbeitsrechtlichen Vorsichtsmaßnahmen eingeführt ist, bei den Firmen. Und die Arbeiter zum Beispiel nicht ohne Mundschutz Pestizide am Feld verteilen, was beim herkömmlichen Baumwollanbau leider sehr oft der Fall ist.

Gabriele

Du hast jetzt schon ein paar Dinge angesprochen, die für dich zur Nachhaltigkeit dazugehören. Das eine war das Tierwohl, was Mulesing betrifft oder halt auch sonst Tiere, die in herkömmlichen Landwirtschaften, oder auf so riesengroßen Schaffarmen in Australien oft leben, nicht unter den besten Bedingungen. Das ist ein Aspekt. Dann ist der andere der Umweltaspekt, das heißt möglichst organisch, bio angebaut, ohne Pestizide. Das ist ein zweiter wichtiger Faktor. Dann haben wir den sozialen Aspekt, der Leute. Wenn ich mir anschaue: Wo sind diese Fasern gewachsen? Auf welchen Pflanzen oder auf welchen Tieren sind die gewachsen? Wie sind dort auch die Arbeitsbedingungen der Menschen, die mit diesen Tieren umgehen, oder mit diesen Pflanzen. Die das dort ernten? Und dann ist für mich einer der allerwichtigsten Faktoren von Nachhaltigkeit ist einfach kurze Wege.

Kathi

Genau. Das wäre der nächste Punkt, den ich da noch sagen wollte. Also Stichpunkt Klimakrise, CO2-Abdruck ist natürlich auch wichtig. Die Reduktion von Transportwegen finde ich einen ganz wichtigen Punkt. Und das heißt, dass ich zum einen mich umschaue, was gibt für europäische Firmen? Und das heißt nicht: Firmensitz ist Europa, sondern das heißt wirklich: Wo findet die Produktion in Europa statt? Wo wird mit europäischen Schafwollen, von Schafen, die in Europa leben gearbeitet? Oder mit europäischem Leinen? Und wo findet dann aber auch die restliche Produktion, also auch vor allem das Waschen und das Färben und dann das Spinnen, in Europa statt? Das geht nicht bei allen Firmen, das sind einfach nur ein paar wenige Firmen, wo das so ist. Aber wenn das nicht möglich ist, dann ist mir eben trotzdem wichtig, dass die Wolle nicht viermal um den halben Erdball geschickt wird, sondern dass die Produktion entweder dort stattfindet, wo die Schafe leben. Also am Beispiel von südamerikanischer Wolle, dass die Verarbeitung in Südamerika, oder dort vor Ort stattfindet. Und dann wird das einmal zu uns geschifft. Oder dass ein Teil der Verarbeitung auch in Europa stattfindet. Wenn ich das in Europa verkaufe, dann habe ich auch nur einmal diesen Transport. Und nicht, dass südamerikanische Wolle in Bangladesch gewaschen, und in Indien gefärbt, in Australien verpackt, und in den USA gelagert, und dann in Europa verkauft wird. Das ist mir zu viel Weg.

Gabriele

Das x-Mal um die Welt schicken. Und ich glaube, was da auch dazu spielt, wenn Wolle aus Südamerika zum Beispiel kommt, dass es dann auch Fairtrade-sachen wahrscheinlich gibt, wo ich dann davon ausgehen kann, dass auch die Leute, die vor Ort leben, ein gutes Einkommen haben davon.

Kathi

Genau.

Gabriele

Wie ist es mit seltenen Schafrassen, die in Europa/ Ich habe so das Gefühl, zumindest in meiner Blase – in dieser nachhaltigkeits-regional-textile-Fasern-Blase, in der ich mich jetzt bewege – tauchen immer mehr solche regionalen Produzenten von Wolle auf. Wolle, Hanf, Flachs also Fasern grundsätzlich. Und auch immer mehr, die sich auf alte Schafrassen wieder besinnen, oder alte Schafrssen züchten. Und egal, ob die jetzt die superfeine, weiche Wolle haben, oder ein bisschen robustere Wolle. Weil grundsätzlich sich die Überzeugung durchsetzt, dass jede Wolle ihre Berechtigung hat. Man muss nur wissen für welches Projekt. Hast du auch Wolle von seltenen Schafrassen im Programm?

Kathi

Ja, meistens in Beimischungen. Und meistens ist es trotzdem die weichere [Wolle] von diesen verschiedenen Schafrassen, weil… Ich muss die Wolle auch verkaufen. (lacht)

Gabriele

Und du musst auch selber dazu stehen können und sie auch selber mögen. Ich kann ja auch ein Kriterium sein für dich als Händlerin, dass du sagst ich habe Wolle im Geschäft, die ich einfach mag, oder? Ist das ein [Kriterium]?

Kathi

Ja, das ist sowieso so. Also Wolle, die ich nicht mag, kommt auch nicht ins Geschäft, es tut mir leid. Ja, ich weiß nicht. Ich stricke halt auch, ich spinne auch selbst. Da kriegt man, glaube ich auch nochmal ein anderes Verständnis, wie verschieden unterschiedliche Schafrassen sind. Und auch eine andere Vorstellung davon, was kratzig und was nicht kratzig heißt. Aber das Thema kratzig ist natürlich, wenn man ein Wollgeschäft hat, schon eines, das da ist. Ich merke schon, dass meine… Schmerzgrenze für “kratzig” woanders liegt, als die vom Großteil der Kundinnen. Also es gibt Sachen, die ich… Es variiert natürlich auch. Im Sommer bin ich auch empfindlicher als im Winter. Aber ja. Und ich finde, da muss man auch ein bisschen drauf Rücksicht nehmen. Genau. Aber es gibt eben Firmen, wie zum Beispiel Rosa Pomar in Portugal, die mit lokalen portugiesischen Schafrassen arbeitet. Und die sind tatsächlich auch – natürlich nicht so weich wie ein Merino, bzw. auch das portugiesische Merino ist nicht so weich wie das südamerikanische oder australische Merino. Aber das sind trotzdem tragbare Pullover-Wollen, zum Beispiel.

Gabriele

Wo man vielleicht was drunterzieht. Also die man nicht unbedingt auf der Haut, oder direkt am Hals hat, wo die Haut vielleicht ein bisschen weicher ist. Aber wenn man eine Schicht drunter hat, eine Unterschicht, dann die drüber einfach schön wärmen und trotzdem ganz gut funktionieren.

Kathi

Genau. Und sonst, muss man sagen, viele von den von den Schafrassen, die zum Beispiel in Deutschland und Österreich verbreitet sind. Wobei, Österreich ist noch mal ein eigenes Thema, weil wir einfach so viele Berge haben, wo die Schafe einfach sich ausrüsten müssen, um mit dem Wetter klarzukommen. Die produzieren keine weiche Wolle. Never ever wird das wirklich weich.

Gabriele

Nein. Wolle ist ja ein Naturprodukt. Und je wärmer die Umgebung ist, wo diese Tiere leben, desto weicher, feiner kann auch die Wolle sein. Also außer wenn ich jetzt rede von Yaks, die irgendwo im Himalaya herumstapfen, wo man dann die Unterwolle auskämmt, das ist ja ein anderes Thema. Aber je nachdem, wie die Umgebung ist, danach richtet sich ja auch [die Feinheit der Wolle]. Denen muss ja draußen warm sein, wenn die da im Winter herumstapfen. Das ist eigentlich ganz klar. Und es gibt Verfechter dieses Ansatzes: Im Grunde sind Fasern, die bei uns wachsen, gut für unser Klima geeignet. Das heißt: Vielleicht eignet sich so eine Wolle von einem Lungauer Bergschaf nicht unbedingt für einen kuscheligen Schal um den Hals, aber es eignet sich sehr wohl dafür, in einer weiteren Verarbeitung zum Beispiel zu einem Loden zu werden, und dann für einen Mantel auch eine bis zum gewissen Grad wasserfeste Schicht oben drüber zu bieten. Das ist jetzt nicht relevant als Strickwolle, unbedingt, aber in anderen Anwendungsbereichen sehr wohl.

Gabriele

Wenn ich jetzt nicht das Glück habe, so einen toll sortierten Woll-Laden in meiner Nähe zu haben wie deinen: Wie kann ich denn als Konsumentin erkennen, oder woran erkenne ich, was so richtig gute Wollmarken sind, die ich ganz guten Gewissens kaufen kann?

Kathi

Also ich würde sagen, der wichtigste Punkt dafür ist Transparenz. Eine Firma, wo man mit gutem Gewissen kaufen kann, ist eine, die offen und leicht verständlich, leicht auffindbar sagt, mit welchen Rohstoffen sie arbeitet. Wo die Wolle herkommt. Wo die Schafe leben und wie die behandelt werden, nämlich ist das mulesing-frei oder nicht? Und wie gearbeitet wird? Also gerade das Thema Mulesing zum Beispiel ist so präsent in den letzten Jahren, dass wirklich jede Firma, deren Wolle mulesing-frei ist, das dazu sagt. Wenn sie es nicht dazu sagt, oder ich das nicht auf Anhieb finde, ja dann heißt das…

Gabriele

Dass es einfach nicht mulesing-frei ist, mhm.

Kathi

Davon würde ich ausgehen, ja.

Gabriele

Okay, also das erste ist – ja, die Erfahrung habe ich auch gemacht – den Webauftritt von so einer Firma mir anzuschauen, und/oder die Social Media Auftritte. Weil wenn eine Firma etwas in Richtung Nachhaltigkeit tut, dann sagen die das auch ganz offen. Und dann nehmen die das auch für ihre Werbestrategie.

Kathi

Und das ist etwas, was bei den Firmen, denen das wichtig ist, und die das tatsächlich machen, ist das auch wirklich auf der Homepage sehr einfach zu finden. Ihre Meinung dazu, oder ihr Ansatz dazu. Und dann kann man schauen: Sind das Punkte, die einem auch wichtig sind, oder die einem nicht wichtig sind. Zum Beispiel eben: Ob in Europa produziert wird oder nicht. Ob mulesing-frei oder nicht. Dann natürlich auch Labels, also das GOTS-Label. Das ist einfach das wichtigste Bio-Label im Textilbereich. Das eben wirklich von den Rohstoffen über die Verarbeitung Nachhaltigkeit, oder halt Biozertifizierung verlangt. Deswegen gibt es auch so wenig GOTS-zertifizierte Wolle. Das heißt nicht nur, dass die Schafe irgendwie auf einer Biofarm leben, sondern es muss eben wirklich auch die Spinnerei, auch die Firma, die färbt, auch diese Betriebe müssen GOTS-zertifiziert sein.

Gabriele

Jeder Verarbeitungsschritt, genau. Und das macht es dann auch so wahnsinnig aufwändig. Was dann manche wieder scheuen, oder sagen: Das ist auch zu teuer, so eine Zertifizierung überhaupt zu bekommen. Das sie es dann lieber nicht tun, auch wenn die Wolle vielleicht in sehr vielen Teilen gut produziert wäre.

Kathi

Genau. Also das gibt es auch noch, natürlich, zum Beispiel Firmen die Biowolle herkömmlich verarbeiten. Da steht halt dann “Biowolle”. Da muss ich halt auch der Firma vertrauen.

Gabriele

Hm. Welche Marken kannst du denn empfehlen?

Kathi

Auch gerade weil wir so viel über die europäischen Wollen geredet haben, wären die ersten beiden, die mir einfallen – oder drei eigentlich – Retrosaria Rosa Pomar in Portugal und De Rerum Natura in Frankreich, die mit lokalen Schafrassen arbeiten. Gerade Rosa Pomar auch wirklich mit gefährdeten, alten Schafrassen. Und wirklich auch schauen: Was kann man aus GOTS-zertifizierte Garne ganz wichtig finde ich, ist die Firma BC Garn. Das ist ein deutsches Unternehmen, also ein kleines Familienunternehmen, die eben schon lange einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit haben. Die eben sehr viele GOTS-zertifizierte Garne im Programm haben. Und die eben jetzt auch neu sich zertifizieren lassen als… Das gibt es jetzt neu, einen Responsible Alpaka Standard. Das war nämlich bisher immer ein bisschen das Problem, dass es GOTS-Zertifizierung nur für Schafwolle gibt, weil Alpakas in Südamerika nicht auf so Farmen gehalten werden wie Schafe, sondern die leben eigentlich frei in den Anden, in den Bergen. Gehören auch unterschiedlichen Leuten und unterschiedlichen Bauern, und werden dann einmal im Jahr zusammengetrieben zur Schur. Und nachdem verschiedene Alpakas auch mehr Leuten gehören, und die überall verteilt sind, kann sich so ein Betrieb gar nicht GOTS zertifizieren lassen. Das geht mit dieser Art der Tierhaltung gar nicht. Und da gibt es eben jetzt ein neues Label für diese verantwortungsbewusste Alpakahaltung, damit man trotzdem ein bisschen Überprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit hineinbringt. Darin, wie die Tiere gehalten werden. Hm.

Gabriele

Spannend. Vor zwei Wochen war in Graz eine große Alpaka-Expo. Die hat jetzt zwei, drei Jahre nicht stattgefunden, weil, ja: Und dann kam Corona. Da ist der österreichische Alpaka-Zuchtverband ganz stark dahinter, auch internationale Kontakte zu pflegen. Ich war an dem Sonntag dort, und es ist eine ganz spannende – kleiner Ausflug nach Graz – eine ganz spannende Veranstaltung. Weil es einerseits die Landwirtschaft [betrifft]: Du hast von Klauenscheren und Halftern für Alpakawanderungen, und Tiertransport-Geräten auf der einen Seite. Und dann Deckservice von Hengsten usw. Und Prämierungen von Zuchtstuten, also welche die Wollqualität usw. Also dieser landwirtschaftliche Bereich auf der einen Seite. Und der Textilbereich auf der anderen Seite, wo aber vorwiegend schon fertige Produkte aus Südamerika waren. Also Apu Kuntur zum Beispiel, wo es dann Socken gibt, und Jacken, und alles Mögliche. Und das ist so ein spannendes Ding, weil [diese Veranstaltung] das Feld aufspannt zwischen diesen beiden Bereichen: die Landwirtschaft auf der einen Seite und die Mode auf der anderen Seite.

Gabriele

Und da gab es – weiß nicht, ob mir das jetzt auf die Schnelle einfällt. Es gibt etwa eine relativ neue Organisation, die sich einsetzt für die Verbesserung der Lebensbedingungen von den Leuten eben in den Hochanden, die unter anderem Vicuñas und Alpakas – so wie du sagst – halten, oder halt nicht halten, weil die die ganze Zeit frei herumrennen. Aber da auch eine Struktur zu schaffen, dass den Leuten, die vor Ort die Wolle, die Tiere scheren und verarbeiten, dass die mehr Einkommen davon haben, oder mehr davon haben. Die auch zu unterstützen. Das war jetzt ein kleiner Exkurs, nur weil es gerade zum Alpaka gepasst hat.

Kathi

Ja, da gibt es zum Beispiel auch Manos del Uruguay, die ein Fair Trade Unternehmen sind. Die auch in Südamerika, in Uruguay, vor allem viel auch wirklich in den Dörfern und am Land arbeiten, und dort vor allem auch die Frauen unterstützen und dafür sorgen, dass die ein regelmäßiges Einkommen haben. Das war ganz lustig, weil ich tatsächlich letztens, irgendwann vor ein paar Monaten mittlerweile schon, eine Kundin bei mir war, die ganz begeistert war, dass ich Manos del Uruguay habe, weil sie nämlich selber aus Uruguay war. Und mir tatsächlich erzählt hat, dass sie wirklich die Initiative, oder dieses Fair Trade Unternehmen, von der anderen Seite her kennt. Und gesagt hat, dass die wirklich so viele tolle Projekte in den Dörfern machen und dort so wichtige Arbeit machen. Das fand ich ziemlich cool. Weil ja, ich fahr jetzt auch nicht überall hin und schaue mir alles selber an.

Gabriele

Schade eigentlich. (lachen)

Kathi

Ja, sehr schade. Das wäre ein cooler Teil dieser Arbeit.

Gabriele

Ja. Ach, und das gibt dann auch wieder so ein schönes, warmes, wohliges Gefühl, wenn ich weiß, dass ich mit dem Geld, das ich für diese Wolle ausgebe, einfach gute Projekte unterstütze.

Kathi

Ja, das finde ich auch wichtig. Es ist nicht so, dass die Wolle gar nichts kostet. Finde ich auch okay, weil da leben sehr viele Menschen in dieser gesamten Produktionskette davon. Also das macht schon Sinn, dass das was kostet. Nur eben, ich gebe mein Geld lieber dafür aus, dass ich dann weiß, dass alle Beteiligten unter okayen bis guten Umständen davon leben können. Und nicht für Dinge, wo ich mich fragen muss, ob ich das eigentlich ganz okay finde. Also ich unterstütze einfach mit dem Geld, das ich für Dinge ausgebe, nicht gerne, dass Tiere misshandelt werden, oder Menschen unter unmöglichen Arbeitsbedingungen arbeiten müssen, oder generell der Planet zerstört wird. Finde ich alles nicht so gut. Möchte ich gerne kein Geld reinstecken.

Gabriele

Genau. Insofern unterstützen wir mit unseren nachhaltigen Wollkäufen eine bessere Welt. Ganz uneigennützig natürlich. (lachen) Ach schön. Ja, wunderbar. Das heißt, bei dir im 18. Bezirk in Wien kann man schöne Wolle kaufen, aber du hast auch regelmäßige Stricktreffen, soweit ich das weiß, wo man zusammenkommen kann?

Kathi

Genau. Einmal im Monat gibt es die “Knit night”, jeden ersten Donnerstag im Monat. Wobei die jetzt den Winter über wieder Corona-Pause hatte. Aber ich hoffe im März, spätestens am ersten Donnerstag im April, geht es wieder los. Und es gibt Workshops bei uns zum Thema Stricken, Färben, Spinnen.

Gabriele

Ah! Also ein Programm auch? Sehr schön. Ja, wunderbar. Ich komme so selten unter der Woche nach Wien, leider, sonst würde ich da tatsächlich mal gerne vorbeischauen. Ansonsten, für alle, die uns jetzt zuhören: Ihr könnt euch auf der Webseite von Kathi, die ich auch in den Shownotes verlinke, umschauen, welche Woll-Brands sie so führt. Auch am Textilportal gibt es einen Eintrag von Kathi, wo man die meisten der Wollmarken [findet]. Die hatte ich noch gar nicht in der Liste, aber die fügen wir jetzt hinzu. Da könnt ihr euch dann auch umschauen. Und unterstützt mit eurem Wollkauf gute, regionale, faire, tierfreundliche Wollproduktion. Das ist doch ein gutes Schlusswort.

Zusammenfassung unseres Gesprächs

Nach welchen Kriterien wählt Kathi die Woll-Marken aus?

  • Schafwolle jedenfalls Mulesing-frei!
  • Keine erdölbasierten Fasern wie Polamid. Nur in Sockenwolle lässt sich die Beimischung manchmal nicht vermeiden. Alternative Beimischungen für längere Haltbarkeit sind Ramie (eine Brennnesselfaser) oder Mohair.
  • Nur GOTS-zertifizierte Baumwolle (Global Organic Textile Standard)
  • Transportwege möglichst reduziert.
  • Wenn das Material schon von weit weg kommt, dann wenigstens Fairtrade.

Wie kann ich als Konsumentin erkennen, was richtig gute Wollmarken sind?

Durch Transparenz. Die Firmen, die auf Nachhaltigkeit setzen, erwähnen das auch ganz sicher auf ihren Webseiten und auf Social Media, weil es ein wichtiges Verkaufsargument ist.

Wenn eine Firma NICHT erwähnt, ob ihre Schafwolle mulesing-frei ist, sollte man hellhörig werden und eher auf einen Kauf verzichten.


Kommentare

2 Antworten zu „Nachhaltige Wolle-Marken (Podcast #013)“
  1. Avatar von Anja

    Vielen Dank liebe Gabi und Kathi für diese spannende Folge!
    Der Beitrag ist für mich gerade besonders interessant, weil ich an einer Artikelfolge zum Thema grüner Handarbeiten schreibe. Es gibt zuerst einen Überblick über verschiedene Schritte, die zu mehr Nachhaltigkeit beim Stricken, Nähen und Häkeln führen. Nach und nach schreibe ich zu jedem Schritt einen vertiefenden Artikel. Und tatsächlich handelt der erste vertiefende Artikel von nachhaltigen Garnen! Ich kann sagen, dass ich bei diesem Thema zu sehr ähnlichen Schlüssen gekommen bin. Was ich jedoch durch diesen Beitrag noch einmal mehr auf den Schirm bekommen habe, ist das Thema der Transportwege!
    Herzlichen Dank dafür!
    Grüne Nadelgrüsse, Anja, von Green-Needle

    1. Avatar von Gabriele Brandhuber
      Gabriele Brandhuber

      Toll, Anja, dass du über dieses so wichtige Thema eine ganze Artikelfolge schreibst! Darauf bin ich sehr gespannt und lese gerne mit. Liebe Grüße, Gabi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert



In der Textilpost schmökern

Alle ein bis zwei Wochen bekommst du die Textilpost, mit Infos über neu eingetragene Betriebe, neue Beiträge im Magazin, neue Podcastfolgen und kommende textile Veranstaltungen bequem in Deinen Posteingang geliefert.

Verrate mir

Ich verwende deine hier eingegebene Adresse ausschließlich für den Textilpost-Versand mit Mailchimp, wie in meinen Datenschutzhinweisen beschrieben.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner